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von Brandenburg warb, der geborenen Prinzessin Luise Radziwill, die mit dem 1687 verstorbenen talentvollen zweiten Sohne des Grossen Kurfürsten verheirathet gewesen war. Die grossen Güter, namentlich in Lithauen, welche die Markgräfin ihrem Gemahl zubringen musste, versprachen den Bemühungen Jakob Sobieski’s um die polnische Krone besonders förderlich zu werden, was natürlich die polnischen Magnaten vollends gegen dieses Heirathsprojekt einnahm. Der Berliner Hof dagegen hatte sich dem Vorhaben freundlich gezeigt, ohne darum freilich den Werbungen entgegen zu treten, die von anderer Seite um die Hand der reichen Wittwe begannen. Solche gingen namentlich aus von Pfalzgraf Karl von Neuburg, dem Bruder von Kaiser Leopold’s junger dritter Gemahlin, für den natürlich der Wiener Hof mit sehr nachdrücklichen Empfehlungen eintrat. Aber der Pole schien den Nebenbuhler bald völlig ausgestochen zu haben; nach einer persönlichen Begegnung hatten Jakob Sobieski und die Markgräfin die Ringe gewechselt und einen förmlichen Ehepact vereinbart. König Johann war bereits damit beschäftigt, dem Sohne aus Marienburger und Grodnoer Gütern die Mittel zu einem standesgemässen eigenen Haushalt zu schaffen, als eine unerwartete Wendung eintrat und alle seine Hoffnungen zunichte machte. Fast unter den Augen des Kurfürsten Friedrich III. fand zu Berlin in dem Hause des kaiserlichen Gesandten, angeblich freilich ohne dessen Wissen, die Trauung der Markgräfin-Wittwe mit dem ganz unerwartet dort erschienenen Pfalzgrafen statt. Trotz des Ringwechsels, trotz der feierlichen Verpflichtungen, welche die Fürstin ihm gegenüber eingegangen war, trotz der Geldbussen, mit denen in dem getroffenen Abkommen der Rücktritt davon bedroht war, sah sich der polnische Prinz um seine Verlobte betrogen und hatte zu dem Schaden, den dieses Ereigniss seiner Bewerbung um die polnische Krone thun musste, noch den Spott seiner triumphirenden Gegner zu tragen, welche unmittelbar bei seiner Verlobten gegen ihn intriguirt haben sollten. Es hiess, die Markgräfin habe Briefe erhalten, „worinnen der Prinz aufs Aergste denigriret und ihr abgemalet sei“.

Am polnischen Hofe war man ausser sich: in seinem Unmuth beschuldigte man den Kurfürsten von Brandenburg, um die Sache gewusst, wohl gar die Hand dabei im Spiele gehabt

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_434.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)