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der „Patarener“, die vielleicht mit den grausamen von Herzog Leopold VI. (1198–1230) gegen die österreichischen Hetzer ergriffenen Massregeln, von denen uns Thomasin von Zirkläre[1] erzählt, in Verbindung zu bringen ist. Als sich der Herzog in den Jahren 1207 und 1208 um die Gründung eines eigenen Bischofsitzes in Wien bemühte, wurde dieser Plan von ihm besonders durch den Hinweis auf die weite Verbreitung der Ketzer in seinen Ländern begründet[2]. Ein etwas bestimmteres Zeugniss für das Vorhandensein österreichischer Katharer im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts liefert uns der merkwürdige Brief des vor der Albigenserinquisition um 1215 aus Frankreich geflüchteten Clerikers Ivo von Narbonne an den Erzbischof Girald von Bordeaux (1227–1261) aus dem Jahre 1242[3]; der geistliche Abenteurer berichtet in demselben sehr ausführlich über seinen Verkehr mit den Katharergemeinden von Como, Mailand, Gemona (n. von Udine) und anderen Städten Oberitaliens, von seiner Wanderung über die Alpenpässe nach Friesach in Kärnthen, wo er, wie es scheint, abermals Katharer antrifft, und von seinem Aufenthalt in Wiener-Neustadt und Wien: hier und in den umliegenden Orten will er viele Patarener zur Kirche zurückgeführt haben. Auch der zwischen 1220 und 1250 in

    Paterinorum cum plurimos christiani nominis serpendo corrumperet, auctore deo prodita est, et variis tormentis multi eorum necati sunt. Ein zwingender Grund, die ganz allgemein gehaltene Angabe auf Oesterreich oder gar auf Klosterneuburg zu beziehen, liegt nicht vor.

  1. Der wälsche Gast. Herausg. v. H. Rückert v. 12 683 ff.:

    Lamparten waere saelden rîche,
    hiet si den herrn von Ôsterrîche,
    der die ketzer sieden kan,
    er vant ein schoene geriht dar an.

  2. Vergl. den Brief des Papstes Innocenz III. an Bischof Manegold von Passau vom Jahre 1207 (Monum. Boica XXVIII, p. 2, S. 274): quod gravius est, usque adeo, ut asseritur, ibi pestis invaluit hereticae pravitatis, ut passim in caulas dominicarum ovium lupi rapaces irrumpant.
  3. Matthei Parisiensis Chronica maiora. Mon. Germ. hist Scriptor. XXVIII, S. 230 ff. Der päpstliche Legat und Cardinal Robert von Courçon, dessen Verfolgung sich Ivo entzog, weilte 1213–15 in Frankreich und starb bereits 1218 unter den Mauern von Damiette (Hauréau, Histoire de la philosophie scolastique II, 2, S. 103. Raynaldus, Annal. ecclesiast. ad a. 1213 Nr. 2, 63; a. 1218 Nr. 5). Ivo’s Verkehr mit den lombardischen und deutschen Patarenern dürfte demnach etwa um das Jahr 1214–1220 anzusetzen sein.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_287.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)