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anderer, in dem sich nur 2/10 Procent befinden, aber das Mehr oder Weniger zeigen sie mit ziemlicher Sicherheit an.

Die Praxis dagegen behauptet, dass alle Felder die Aschenbestandtheile aller Gewächse in unerschöpflicher Menge enthielten.

Die chemische Analyse weist nach, dass in dem geernteten Klee, und zwar in seinen Aschenbestandtheilen, dem Felde ganz bestimmt und zweifellos eine Anzahl von den Bedingungen seiner Fruchtbarkeit für die Kleepflanze genommen werde; sie zeigt, dass in den Excrementen von Thieren, die mit Klee gefüttert wurden, die Aschenbestandtheile der Kleepflanze enthalten sind, und dass demnach in einem solchen Miste die Aschenbestandtheile wiedergegeben werden, die man dem Feld in dem Klee genommen hat.

In Uebereinstimmung mit der wissenschaftlichen Lehre, dass die Erschöpfung des Kleefeldes auf der Beraubung, und die Wiederherstellung seiner Fähigkeit, eine neue Reihe von Klee-Ernten zu liefern durch den Stallmist, auf dem Ersatz an den Aschenbestandtheilen des Klees wirklich beruht haben, weist sie aus den Schriften der erfahrensten Landwirthe nach; dass ein Feld, welches keinen Klee trägt, für die Kleepflanze fruchtbar gemacht werden kann, so dass es reiche Klee-Ernten liefert, wenn man es mit Holzasche düngt, welche die nämlichen Aschenbestandtheile wie die Kleepflanze enthält, dass in den Niederlanden, Flandern die Aschendüngung für diesen Zweck ganz allgemein im Gebrauch ist, und dass es in Westfalen zum Sprüchwort geworden ist: Wer kein Geld für Asche ausgiebt, zahlt doppelt. (Schwerz, Anleitung zum prakt. Ackerbau Bd. II. S. 323). Es ist eine allbekannte Thatsache, dass auf einer Wiese, auf welcher keine Kleepflanzen wahrnehmbar sind, nach dem Ueberstreuen mit Holzasche Tausende von Kleepflanzen zum Vorschein kommen.

Die chemische Analyse zeigt zuletzt, dass zwischen dem Boden und allen Pflanzen, welche darauf gewachsen sind, ganz ähnliche Beziehungen bestehen, dass ein Feld, welches fruchtbar für Stroh und unfruchtbar für den Samen geworden ist, eine reiche Ernte an Korn trägt, wenn dasselbe mit den Aschenbestandtheilen des Korns, in vielen Fällen mit phosphorsaurem Kalk allein gedüngt worden ist.

Im vollkommenen Gegensatz mit der modernen Lehre unserer Landwirthe ist es durch unwidersprechliche Thatsachen erwiesen, dass mit dem Gehalt eines Bodens an organischen oder verbrennlichen Stoffen, oder mit deren Zufuhr allein, die Fruchtbarkeit der Felder nicht zunimmt; dass die daran reichsten Felder in der Regel unfruchtbar sind, dass die Düngung eines Weizenfeldes mit stickstoffreichen Stoffen, mit Ammoniaksalzen z. B., den Kornertrag derselben in vielen Fällen vermindert statt zu erhöhen; dass der Klee-Ertrag dadurch nicht zunimmt, dass das Ammoniak und stickstoffreiche Düngmittel nur dann einen günstigen Einfluss auf die Erträge ausüben, wenn sie begleitet sind von den Aschenbestandtheilen der Gewächse; dass sie für sich nur auf solche Felder eine günstige Wirkung haben, welche an den Aschenbestandtheilen der Pflanze reich sind, und dass die fortgesetzte Anwendung derselben in diesem Fall diese Felder noch vollkommener erschöpft, d. h. für weitere Culturen noch unfruchtbarer macht, als diese ohne ihre Mitwirkung

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_405.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)