Seite:De Chemische Briefe Justus von Liebig 262.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


welches das Thier genoss. Wenn es nun wahr ist, dass diese Substanzen einen bedingenden und nothwendigen Antheil an den Vorgängen nehmen oder genommen haben, um die Bestandtheile der Speisen zu Bestandtheilen des Leibes zu machen, so folgt von selbst, dass keine Art von Nahrung das Leben wird erhalten können, worin diese Stoffe fehlen, dass alle Nahrungsstoffe der Menschen und Thiere, welche die volle Ernährungsfähigkeit besitzen, diese Materien in den zur Blutbildung geeigneten Verhältnissen enthalten müssen, und dass wir der Nahrung ihre Fähigkeit zur Blutbildung nehmen können, wenn wir ihr diese Vermittler ihrer Eigenthümlichkeiten entziehen.

Für die Richtigkeit dieser Schlüsse hat die analytische Chemie die strengsten Beweise geliefert, indem sie gezeigt hat, dass die Rüben, Kartoffeln, die Kräuter, welche das pflanzenfressende Thier geniesst, die nämlichen unverbrennlichen Bestandtheile, sehr nahe in demselben Verhältnisse wie sein Blut enthalten[1]. Die Bestandtheile der Asche des Blutes der körnerfressenden Thiere sind identisch mit der Asche der Körnerfrüchte; die unverbrennlichen Bestandtheile des Blutes der Menschen und der Thiere, welche gemischte Nahrung geniessen, sind die Aschenbestandtheile des Brodes, Fleisches und der Gemüse. Das fleischfressende Thier enthält in seinem Blute die Aschenbestandtheile des Fleisches[2].

Das Blut aller Thiere besitzt unveränderlich eine alkalische Beschaffenheit, welche von einem freien unverbrennlichen Alkali herrührt.

Alle Nahrungsmittel, welche für sich, wie Brod und Fleisch, oder gemengt mit Vegetabilien den Process der Blutbildung und Ernährung zu unterhalten vermögen, enthalten Kohlensäure, oder Phosphorsäure und Alkalien, die beiden letzteren in einem solchen Verhältniss, dass, wenn wir uns diese Bestandtheile in Auflösung denken, die Alkalien unveränderlich vorwalten.

Dass dieses freie Alkali in dem Blutbildungsprocess und in den Functionen des Blutes eine nothwendige Rolle übernimmt, sehen wir unverkennbar aus den bereits erwähnten Versuchen der französischen

  1. Asche von
    Schafblut Ochsenblut Weisskraut Weisse Rüben Kartoffeln
    (Dr. Verdeil.) (Dr. Stölzel.) (Stammer.) (Stammer.) (Dr. Griepenkerl.)
    Phosphorsäure 14,80 14,043 13,7 14,18 16,83
    Alkalien 55,79 59,97 49,45 52,00 55,44
    Alkalische Erden 4,87 3,64 14,08 13,58 6,74
    Kohlensäure 19,47 18,85 12,42 8,03 12,00

    Die Aschen sind in Procenten nach Abzug des Kochsalzes und Eisens berechnet, das an 100 Fehlende sind zufällige Bestandtheile wie Schwefelsäure, Kieselerde etc.

  2. Asche von
    Hunde-
    blut¹)
    Ochsen-
    fleisch
    Schweine-
    blut²)
    Erbsen Hühner-
    blut
    Roggen
    (Dr. Verdeil.) (Dr. Stölzel). (Dr. Strecker.) (Will u.
    Fresenius.)
    (Dr. Henneberg.) (Will u.
    Fresenius.)
    Phosphorsäure 36,82 42,03 36,5 34,01 47,26 47,29
    Alkalien 55,24 43,95 49,8 45,52 48,41 37,21
    Alkalische Erden 2,07 6,17 3,8 9,61 2,22 11,60
    Kieselerde
    Schwefelsäure
    5,87 7,85 9,9 10,86 2,11 3,90
    ¹) Nahrung mit Fleisch. – ²) Mit Erbsen und Kartoffeln.
Empfohlene Zitierweise:
Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_262.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)