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Branntwein befeuchtet worden wären. Der Badeschwamm brennt unter diesen Umständen nicht.

Eben so wenn man ein Stück Fleisch in siedendes Fett wirft und das Fett entzündet, so brennt das Fett, das Fleisch aber brennt nicht, und entzündet sich nicht, und fährt nicht fort zu brennen, auch wenn alles Fett verbrannt ist; es wird nicht leichtentzündlicher durch Fett.

Dass ein Bündel Stroh leicht verbrennt, weiss Jedermann; die Ursache der Leichtentzündlichkeit ist seine Lockerheit, weil jeder Halm mit Luft umgeben ist; wenn aber das Stroh zu Häcksel zerschnitten ist, so ist es schwerverbrennlich, ja man kann damit ein starkes Feuer löschen, wenn so viel Häcksel darauf geschüttet worden, dass der brennende Körper damit bedeckt wird; er hört auf zu brennen, weil durch die Häcksel der Zutritt der Luft abgeschnitten wird.

Giesst man auf einen Pudding Branntwein und zündet ihn an, so brennt der Branntwein, und wenn derselbe abgebrannt ist, so brennt der Pudding nicht.

Die lockere, leichtverbrennliche Baumwolle wird als Docht in einer Oellampe schwerverbrennlich, sie verkohlt und verbrennt nur da, wo die Luft Zutritt zum Dochte hat. Man kann aber Papier, Badeschwamm leichtentzündlich machen, wenn sie mit Salpeter getränkt und getrocknet werden, durch eine Substanz, welche an sich nicht verbrennlich ist; aber durch verbrennliche oder leicht brennbare Körper lässt sich dies nicht bewirken.

Die Gegenwart von Branntwein oder ein übermässiger Fettgehalt können dem menschlichen Körper eine Leichtverbrennlichkeit nicht geben, die er an sich nicht besitzt; um den Körper in einem solchen Zustande zu verbrennen, gehört stets Feuer von Aussen dazu, welches fortfährt auf den Körper zu wirken, wenn der Branntwein oder das Fett verzehrt sind.

Die trockene thierische Substanz ist an sich nicht schwerentzündlich, bis zum Verkohlungspunkte sogar leichtverbrennlich, wie man dies etwa an einem Stück Horn oder Hornspänen leicht sehen kann, sogar Knochen lassen sich durch ein kleines Feuer anzünden und brennen in Haufen von selbst fort, indem sie völlig weiss wie Kreide werden; das trockne, von seinem Wassergehalte grossentheils befreite Fleisch verhält sich dem Horn völlig gleich; auch die Gewebe und Membranen sind im Feuer leicht zerstörbar; alle diese Substanzen werden schwerverbrennlich durch ihren Wassergehalt, welcher im frischen Zustande im Fleisch und den weichen Körpertheilen 75 und im Blute 80 Procent beträgt. Das Wasser ist in diesen Theilen ähnlich wie in einem Schwamme enthalten, der sehr feine Poren hat; es kann bekanntlich in freier Luft, auch durch das heftigste Feuer, nicht über 100° oder seinen Siedepunkt hinaus erhitzt werden; dieser Temperaturgrad ist aber lange nicht hoch genug, um die thierische Substanz zu entflammen, selbst Fett bedarf dazu 440°, etwas mehr als die vierfache Temperatur des siedenden Wassers[1].

  1. Das flüssige Eiweiss hält Niemand für brennbar oder verbrennlich, weil Jedermann weiss, dass das Wasser, von welchem seine Flüssigkeit herrührt, nicht brennt und dass brennende Körper verlöschen, wenn man so viel Wasser darauf giesst, dass sie davon bedeckt werden. Das durch Hitze geronnene Eiweiss ist nicht brennbarer als das flüssige, denn es enthält überall fast denselben Wassergehalt wie dieses. In demselben oder einem sehr ähnlichen Zustande wie im geronnenen Eiweiss befindet sich aber das Wasser in den weichen Theilen des thierischen Körpers; sie verlieren durch den Wassergehalt ihre Entzündlichkeit und Verbrennlichkeit.

    WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)