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Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309

aus Naucler gemacht, sondern auch seinerseits ihn um Nachrichten über die Königin Irene, die Maria Graeca, wie sie genannt wurde, und über ihren Gatten Philipp gebeten. Aber von der Nauclerstelle finden wir nichts in Wollebers Buch; dieses macht vielmehr, wie die größeren zusammenhängenden Kapitel seiner übrigen Werke, den Eindruck, als ob es als Ganzes übernommen worden wäre. Dies um so mehr, als es nach Inhalt und Darstellung die Fähigkeiten Wollebers weit übersteigt. Zudem zeigt das unter seinen Papieren nach seinem Tod aufgefundene Konzept nicht seine Handschrift. Wer der wirkliche Urheber ist, können wir nur vermuten. In der kürzeren Staufergeschichte nennt der Verfasser wenigstens für den Abschnitt über die Gräber in Kloster Lorch den früheren dortigen Mönch Jakob Spindler, von dem auch Crusius (Ann. Suev. 3, 445) denselben Abschnitt abdruckt. In derselben Handschrift ist eine kurze Geschichte der Herren von Rechberg, der Nachbarn der Staufer, eine solche der Herren von Ebersberg, der Stifter des unter staufischer Vogtei gestandenen Klosters Adelberg, und eine Geschichte der Stadt Gmünd mit genauer Beschreibung der durch die Schmalkaldener Bundesfürsten 1546 erfolgten Besetzung enthalten. Da wir von Spindler auch noch eine kleine Genealogie der Kaiser und Herzoge aus staufischem Stamm haben, die er als Pfarrer in Gmünd schrieb[1], und da wir wissen, daß er auch sonst sich mit Geschichtschreibung befaßt hat[2], so liegt der Gedanke sehr nahe, daß mindestens die kürzere Staufergeschichte mit Zugehör ein Werk Spindlers ist. Und bei der engen Beziehung, in die Wolleber selbst die kürzere und die umfassendere Darstellung setzte, ist die Vermutung erlaubt, daß auch diese von Spindler stammt, wenn sie auch in einzelnen Angaben nicht ganz mit jener übereinstimmt. Jedenfalls kann der Schorndorfer Schreiber, der in der weiten Gegend sein Gewerbe als Winkeladvokat trieb, leicht eine Arbeit des 1565 zu Gmünd gestorbenen Pfarrers in seinen Besitz bekommen haben.

Trotz der großen Unselbständigkeit sind Wollebers Werke, weil keine besseren zugänglich waren, viel benützt worden. Eine Reihe von namenlosen Handschriften des Staatsarchivs und der Landesbibliothek sind Abschriften oder Auszüge der seinigen mit kurzen Einfügungen und Nachträgen (z. B. Cod. hist. fol. 167 der L.Bibl.); eine ist bequemer Weise mit leeren Blättern durchschossen, auf denen eine Hand vom Anfang des 17. Jahrhunderts einiges beifügte (Mscr.. 26 des St.A.); eine andere ist bis 1630 weitergeführt (Cod. hist. fol. 185 der L.Bibl.).


  1. Staatsarchiv, Kloster Lorch S. 23.
  2. Chr. Fr. v. Stälin, Wirtemb. Geschichte 4, 8.
Empfohlene Zitierweise:
Eugen Schneider: David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 20 (1911), S. 289–309. Kohlhammer, Stuttgart 1911, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Wolleber_-_ein_Bild_aus_den_Anf%C3%A4ngen_der_w%C3%BCrttembergischen_Geschichtschreibung.djvu/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)