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Alle Hauptideale sind dem Ideal (1) äquivalent. Die durch sie gebildete Klasse heißt die Hauptklasse und wird mit bezeichnet. Wenn und ist, so ist . Ist eine das Ideal enthaltende Idealklasse und eine das Ideal enthaltende Klasse, so wird die Idealklasse, welche das Ideal enthält, das Produkt der Idealklassen und genannt und mit bezeichnet. Es ist offenbar , und umgekehrt folgt aus notwendig .

Es ist bisweilen vorteilhaft, auch Idealquotienten in die Rechnung einzuführen: eine Gleichung von der Gestalt oder eine Äquivalenz von der Gestalt soll gleichbedeutend sein mit derjenigen Gleichung oder Äquivalenz zwischen Idealen, welche daraus durch Multiplikation mit den in den Nennern stehenden Idealen hervorgeht, d. h. mit der Gleichung bez. mit der Äquivalenz .

Es gilt der Satz:

Satz 49. Es gibt stets eine und nur eine Idealklasse , die, mit einer gegebenen Idealklasse multipliziert, die Hauptklasse ergibt.

Beweis. Ist ein Ideal der Klasse und eine durch teilbare ganze Zahl, so daß gesetzt werden kann, so ist, wenn die Klasse des Ideals bezeichnet, . Gäbe es nun noch eine andere Klasse so, daß ist, so folgt durch Multiplikation mit die Gleichung .

Die Klasse heißt die zu reziproke Klasse und wird mit bezeichnet.

Es gilt ferner die folgende fundamentale Tatsache:

Satz 50. In jeder Idealklasse gibt es ein Ideal, dessen Norm die absolut genommene Quadratwurzel aus der Körperdiskriminante nicht übersteigt [Minkowski (1[1], 3[2])]. Die Anzahl der Idealklassen eines Zahlkörpers ist endlich [Dedekind (1[3]), Kronecker (16[4])].

Beweis. Ist eine beliebige Idealklasse und ein Ideal der reziproken Klasse , so gibt es nach Satz 46 eine ganze, durch teilbare Zahl , deren Norm der Bedingung genügt. Setzen wir , so gehört der Idealklasse an, und wegen ist . Es gibt also in der Klasse ein der letzteren Bedingung genügendes Ideal ; da aber in den ganzen rationalen Zahlen, welche sind, nur eine endliche Anzahl unter einander verschiedener Ideale als Faktoren enthalten ist, so folgt auch die Richtigkeit des zweiten Teiles des Satzes 50.

§ 23. Anwendungen des Satzes von der Endlichkeit der Klassenanzahl.

Der eben bewiesene Satz 50 gestattet mannigfache Folgerungen und Anwendungen, von denen die nachstehenden hervorzuheben sind:

Satz 51. Ist die Anzahl der Idealklassen, so liefert die -te Potenz einer jeden Klasse stets die Hauptklasse.


  1. [360] Über die positiven quadratischen Formen und über kettenbruchähnliche Algorithmen. J. Math. 107 (1891).[WS 1]
  2. [360] Geometrie der Zahlen. Leipzig 1896.
  3. [356] Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet, 2. bis 4. Aufl. Braunschweig 1871–1894.[WS 2]
  4. [359] Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen. J. Math. 92 (1882).[WS 3]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Minkowski, Hermann: Über die positiven quadratischen Formen und über kettenbruchähnliche Algorithmen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 107 (1891), S. 278–297 GDZ Göttingen
  2. Dedekind, Richard: Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet, 4. Auflage, Braunschweig, 1894, Internet Archive
  3. Kronecker, Leopold: Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 92 (1882), S. 1–122 GDZ Göttingen
Empfohlene Zitierweise:
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)