David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.7

7.6 Die Einheiten des Körpers. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.7 Die Idealklassen des Körpers.
7.8 Die zerlegbaren Formen des Körpers.
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
7. Die Idealklassen des Körpers.
§ 22. Die Idealklasse. Die Endlichkeit der Anzahl der Idealklassen.

Jede ganze Zahl des Zahlkörpers bestimmt ein Hauptideal; jede gebrochene, d. h. nicht ganze Zahl in ist der Quotient zweier ganzen Zahlen und und somit als Quotient zweier Ideale und darstellbar: . Denken wir die Ideale und von allen gemeinsamen Idealfaktoren befreit, so ist diese Darstellung der gebrochenen Zahl als Idealquotient eine eindeutig bestimmte. Ist umgekehrt der Quotient zweier Ideale und – mögen dieselben einen gemeinsamen Teiler haben oder nicht – gleich einer ganzen oder gebrochenen Zahl des Körpers, so werden die beiden Ideale und einander äquivalent genannt, d. i. in Zeichen . Aus folgt , und somit erkennen wir, daß zwei Ideale und dann und nur dann einander äquivalent sind, wenn sie durch Multiplikation mit gewissen Hauptidealen in ein und das nämliche Ideal übergehen. Die Gesamtheit aller Ideale, welche einem gegebenen Ideal äquivalent sind, heißt eine Idealklasse. Alle Hauptideale sind dem Ideal (1) äquivalent. Die durch sie gebildete Klasse heißt die Hauptklasse und wird mit bezeichnet. Wenn und ist, so ist . Ist eine das Ideal enthaltende Idealklasse und eine das Ideal enthaltende Klasse, so wird die Idealklasse, welche das Ideal enthält, das Produkt der Idealklassen und genannt und mit bezeichnet. Es ist offenbar , und umgekehrt folgt aus notwendig .

Es ist bisweilen vorteilhaft, auch Idealquotienten in die Rechnung einzuführen: eine Gleichung von der Gestalt oder eine Äquivalenz von der Gestalt soll gleichbedeutend sein mit derjenigen Gleichung oder Äquivalenz zwischen Idealen, welche daraus durch Multiplikation mit den in den Nennern stehenden Idealen hervorgeht, d. h. mit der Gleichung bez. mit der Äquivalenz .

Es gilt der Satz:

Satz 49. Es gibt stets eine und nur eine Idealklasse , die, mit einer gegebenen Idealklasse multipliziert, die Hauptklasse ergibt.

Beweis. Ist ein Ideal der Klasse und eine durch teilbare ganze Zahl, so daß gesetzt werden kann, so ist, wenn die Klasse des Ideals bezeichnet, . Gäbe es nun noch eine andere Klasse so, daß ist, so folgt durch Multiplikation mit die Gleichung .

Die Klasse heißt die zu reziproke Klasse und wird mit bezeichnet.

Es gilt ferner die folgende fundamentale Tatsache:

Satz 50. In jeder Idealklasse gibt es ein Ideal, dessen Norm die absolut genommene Quadratwurzel aus der Körperdiskriminante nicht übersteigt [Minkowski (1[1], 3[2])]. Die Anzahl der Idealklassen eines Zahlkörpers ist endlich [Dedekind (1[3]), Kronecker (16[4])].

Beweis. Ist eine beliebige Idealklasse und ein Ideal der reziproken Klasse , so gibt es nach Satz 46 eine ganze, durch teilbare Zahl , deren Norm der Bedingung genügt. Setzen wir , so gehört der Idealklasse an, und wegen ist . Es gibt also in der Klasse ein der letzteren Bedingung genügendes Ideal ; da aber in den ganzen rationalen Zahlen, welche sind, nur eine endliche Anzahl unter einander verschiedener Ideale als Faktoren enthalten ist, so folgt auch die Richtigkeit des zweiten Teiles des Satzes 50.

§ 23. Anwendungen des Satzes von der Endlichkeit der Klassenanzahl.

Der eben bewiesene Satz 50 gestattet mannigfache Folgerungen und Anwendungen, von denen die nachstehenden hervorzuheben sind:

Satz 51. Ist die Anzahl der Idealklassen, so liefert die -te Potenz einer jeden Klasse stets die Hauptklasse.

Beweis. In der Reihe , , …, stimmen notwendig zwei Klassen, etwa und , miteinander überein. Aus folgt . Ist zugleich der kleinste Exponent () von der Beschaffenheit, daß wird, so folgt, daß die Klassen , , …, sämtlich untereinander verschieden sind. Ist eine von diesen Klassen verschiedene Klasse, so sind die Klassen , , …, wiederum sämtlich untereinander und von den vorigen Klassen verschieden; die Fortsetzung dieses Verfahrens zeigt, daß ein Vielfaches von sein muß, und hieraus folgt der zu beweisende Satz 51.

Die -te Potenz eines jeden beliebigen Ideals ist nach diesem Satz stets ein Hauptideal.

Satz 52. Wenn und beliebige ganze Zahlen sind, so gibt es stets eine sowohl in wie in aufgehende ganze von verschiedene Zahl , welche eine Darstellung gestattet, wo , geeignet gewählte ganze Zahlen sind. Die Zahlen , , gehören im allgemeinen nicht dem durch und bestimmten Zahlkörper an [Dedekind (1[3])].

Satz 53. Es seien , und , zwei Zahlenpaare des Körpers ; damit werde, ist es notwendig und hinreichend, daß man im Körper vier ganze Zahlen , , , finden kann, deren Determinante ist, und durch welche die Gleichungen

erfüllt sind [Hurwitz (4[5])].

Beweis. Daß die genannte Bedingung hinreichend ist, folgt aus dem Umstande, daß diese beiden Gleichungen eine Umkehrung von der Gestalt

gestatten, wo , , , ganze Zahlen sind. Die Bedingung ist ferner auch notwendig. Bezeichnet nämlich die Anzahl der Idealklassen, so wird , wo eine ganze Zahl des Körpers ist. Es sei

wo , , , ganze Zahlen in sind; dann erfüllen offenbar die vier ganzen Zahlen

, ,
,

die Bedingung des Satzes 53. Daß ist, ergibt sich, wenn man die beiden Determinanten

und

nach dem Multiplikationssatze miteinander zusammensetzt.

Nach Satz 12 kann ein jedes Ideal in der Gestalt dargestellt werden. Setzen wir , so bestimmt die ganze oder gebrochene Zahl vollständig die Idealklasse, zu welcher gehört. Wir nennen einen dieser Idealklasse zugeordneten Zahlbruch. Der Satz 53 zeigt, daß, wenn ein anderer der Idealklasse zugeordneter Zahlbruch ist, notwendig vier ganze Zahlen , , mit der Determinante im Körper existieren müssen derart, daß wird.

§ 24. Aufstellung des Systems der Idealklassen. Engere Fassung des Klassenbegriffes.

Der Beweis des Satzes 50 gibt uns zugleich ein einfaches Mittel an die Hand, durch eine endliche Anzahl rationaler Prozesse ein volles System von nicht äquivalenten Idealen für jeden gegebenen Körper wirklich aufzustellen. Man braucht nur alle diejenigen Ideale in Betracht zu ziehen, deren Normen sind. Um die zwischen diesen Idealen irgend vorhandenen Äquivalenzen sämtlich zu ermitteln, haben wir nur nötig, jedes von ihnen mit jedem zu multiplizieren und dann, wenn ein solches Produkt bedeutet, jedesmal in eine Zahl mit absolut kleinster Norm aufzusuchen, um zu sehen, ob ist und somit die Faktoren reziproken Klassen angehören. Daß dies ebenfalls nur eine endliche Anzahl von Operationen erfordert, erkennen wir aus dem Satze 46. Ist nämlich , …, die Basis des Ideals , so haben wir nur nötig, , …, als ganze rationale, nicht sämtlich verschwindende Zahlen so zu bestimmen, daß die absoluten Werte der reellen und imaginären Teile von für , …, sämtlich unter gewissen gegebenen Grenzen bleiben. Hierzu bedarf es nur einer endlichen Anzahl von Versuchen. Auf gleiche Weise sehen wir auch ein, daß für jedes vorgelegte Ideal die Klasse, der dasselbe angehört, stets durch eine endliche Anzahl von rationalen Operationen bestimmt werden kann.

Es werde bemerkt, daß unter Umständen auch eine engere Fassung des Äquivalenz- und Klassenbegriffes von Nutzen ist, indem zwei Ideale nur dann äquivalent heißen, wenn ihr Quotient eine ganze oder gebrochene Zahl mit positiver Norm ist [Dedekind (1[3])].

§ 25. Ein Hilfssatz über den asymptotischen Wert der Anzahl aller Hauptideale, welche durch ein festes Ideal teilbar sind.

Nach dem Vorbilde von Dirichlet, welcher die Anzahl der Klassen von binären quadratischen Formen mit gegebener Determinante auf transzendentem Wege ausgedrückt hat [Dirichlet (7[6], 8[7])], und auf Grund der in Kapitel 6 erhaltenen Resultate über die Einheiten eines Zahlkörpers gelang es Dedekind, eine fundamentale Formel abzuleiten, vermöge welcher sich die Anzahl der Idealklassen eines beliebigen Zahlkörpers als Grenzwert einer gewissen unendlichen Reihe darstellt [Dedekind (1[3])]. Um zu dieser Formel zu gelangen, beweisen wir zunächst folgenden Hilfssatz:

Hilfssatz 10. Ist eine reelle positive Veränderliche und die Anzahl aller derjenigen durch das gegebene Ideal teilbaren Hauptideale, deren Normen sind, so ist

wo die Anzahl der in vorkommenden Einheitswurzeln und den Regulator des Körpers bezeichnet. Die Bedeutung von , ist in Satz 47 erklärt. dient zur Abkürzung für Limes.

Beweis. Es sei , …, um eine Basis des Ideals ; jede durch teilbare ganze Zahl besitzt dann die Gestalt:

,

wo , …, ganze rationale Werte annehmen und , …, lineare ganzzahlige Funktionen der , …, sind. Wenn wir , …, als reelle Veränderliche ansehen und

, …, ,

setzen, so sind , …, eindeutige Funktionen von , …, und ist eine Form, für welche wird. Wir berechnen nun die ersten Logarithmen zur Form und hieraus reelle Größen , …, derart, daß, wenn , …, ein System von Grundeinheiten bezeichnen,

ist; diese Größen , …, werden in diesem § 25 kurz die Exponenten von genannt.

Nimmt man für , …, ganze rationale, nicht sämtlich verschwindende Zahlen, so ist klar, daß die so entstehende ganze Zahl stets durch Multiplikation mit ganzen Potenzen der Einheiten , …, , in eine solche Zahl verwandelt werden kann, deren Exponenten , …, den Bedingungen

, …, (13)

genügen. Umgekehrt sehen wir, daß zwei ganze Zahlen , , deren Normen und Exponenten gleich sind, sich nur um einen Faktor unterscheiden können, welcher eine Einheitswurzel ist. Wenn daher die Anzahl der in liegenden Einheitswurzeln bezeichnet, so ist das -fache der Anzahl aller durch teilbaren Hauptideale mit einer Norm notwendig gleich der Anzahl der verschiedenen Systeme von ganzzahligen Wertsystemen , …, , für welche ausfällt, und für welche überdies die Exponenten , …, den Bedingungen (13) genügen.

Nunmehr setzen wir

, , …, ;

dabei bleiben die Form und folglich auch die Größen , …, , …, von unabhängig und enthalten lediglich die neuen Veränderlichen , …, . Die Ungleichung geht in über; da ferner in Folge der Bedingungen (13) die Logarithmen , …, und folglich wegen auch der Logarithmus absolut unter einer endlichen, durch , …, bestimmten Grenze liegen, so folgt das Gleiche für die sämtlichen Größen , …, und damit liegen wegen auch die Größen , …, sämtlich unterhalb einer endlichen Grenze. Hieraus folgt, daß die Ungleichungen (13) unter Zuhilfenahme der Ungleichung in dem durch die Koordinaten , …, bestimmten -dimensionalen Raume ein endliches Raumgebiet abgrenzen.

Bedenken wir nun, daß nach den Ausführungen in § 19 S. 103 die Funktionswerte , …, die Werte der Variabeln , …, -deutig bestimmen, so ist nach der Definition des Begriffs eines vielfachen Integrals

,

wo das Integral rechter Hand über das durch die Ungleichungen

, …, ,

bestimmte -dimensionale Raumgebiet zu erstrecken ist und daher einen endlichen bestimmten Wert besitzt.

Um diesen Wert zu ermitteln, führen wir statt der Integrationsverändenlichen , …, die neuen Veränderlichen , …, , , , …, ein, wo und von , …, abhängig zu nehmen sind. Da diese Größen sämtlich analytische und in dem Integrationsgebiet

, …, , , , …,

sich regulär verhaltende, eindeutige Funktionen von , …, sind, so ist

.
Nach den Ausführungen in § 19 S. 104 ist
.

Ferner bestehen wegen

offenbar die Beziehungen:

und da endlich

,

, ,

ist, so ergibt sich durch Multiplikation sämtlicher Gleichungen

.

Das obige Integral besitzt daher den Wert ; hiermit ist der Beweis für den Hilfssatz 10 erbracht.

Wir setzen im folgenden zur Abkürzung

,

so daß eine durch den Körper allein bestimmte und für diesen charakteristische Größe bedeutet.

§ 26. Die Bestimmung der Klassenanzahl durch das Residuum der Funktion für .

Satz 54. Wenn die Anzahl aller Ideale einer Klasse bedeutet, deren Normen ausfallen, so ist

.

Beweis. Ist ein Ideal der zu reziproken Klasse , und durchläuft alle Ideale der Klasse , so stellt das Produkt alle durch teilbaren Hauptideale und jedes nur einmal dar. Setzen wir daher in der Formel des Hilfssatzes 10 ‚ so bedeutet zugleich die Anzahl der Ideale in ‚ für welche ist. Nach Fortheben des Faktors folgt die zu beweisende Formel für .

Da die Zahl von der Wahl der Klasse unabhängig ist, so ergibt sich unmittelbar aus Satz 54 die folgende Tatsache: Satz 55. Ist die Anzahl aller Ideale des Körpers , deren Normen ausfallen, und bedeutet die Anzahl der Idealklassen, so ist

.

Aus dieser Formel kann mit Hilfe analytischer Methoden ein fundamentaler Ausdruck für die Klassenenzahl abgeleitet werden. Es ergibt sich nämlich folgende Tatsache:

Satz 56. Die unendliche Reihe

,

in welcher alle Ideale des Körpers durchläuft, konvergiert für reelle Werte von , und es ist

.

[Dedekind (1[3])].

Beweis. Bezeichnen wir mit die Anzahl der verschiedenen Ideale mit der Norm , so ist offenbar, wenn die in Satz 55 angegebene Bedeutung hat,

.

Der Limes rechter Hand kann nun, wie folgt, als Grenzwert einer unendlichen Reihe dargestellt werden [Dirichlet (15[8])]. Wir ordnen die sämtlichen Ideale des Körpers nach der Größe ihrer Normen, schreiben die entstehende Reihe , …, , … und bezeichnen allgemein die Norm von mit , dann ist

oder

,

und hieraus folgt nach Satz 55: , d. h.: wie klein auch die positive Größe gegeben sein mag, es ist stets möglich, die ganze Zahl so groß zu wählen, daß die Ungleichungen

(14)

für alle ganzen Zahlen gültig sind.

Andererseits ist bekannt, daß, wenn eine reelle Zahl bedeutet, die Reihe konvergiert, und daß ist. Die letztere Gleichung zeigt, daß auch ist, wo nur alle diejenigen ganzen Zahlen durchlaufen soll, welche oberhalb einer beliebig hohen Grenze gelegen sind. Zunächst folgt aus der Konvergenz der Reihe mit Hilfe der Ungleichung die Konvergenz der Reihe

für , wo alle ganzen positiven Zahlen und alle Ideale des Körpers durchläuft. Ferner ergibt sich aus den Ungleichungen (14) die Formel:

,

wo die Summen sich über alle ganzzahligen Werte von zu erstrecken haben, welche sind. Man kann zur Grenze übergehen und findet:

.

Nun ist

ebenfalls und und also, da hierin eine beliebig kleine Größe bedeutet, , womit der gewünschte Nachweis des Satzes 56 erbracht ist.

§ 27. Andere unendliche Entwicklungen der Funktion .

Die Funktion kann noch auf drei andere Arten durch unendliche Entwicklungen dargestellt werden [Dededkind (1[3])]. Es ist, wie leicht ersichtlich:

hier ist im ersten Ausdruck die Summe über alle ganzen rationalen positiven Werte von , im zweiten Ausdruck ist das Produkt über alle Primideale des Körpers , und im dritten Ausdruck ist das Produkt über alle rationalen Primzahlen zu erstrecken, wobei , , …, die Gerade der in aufgehenden Primideale bedeuten. Alle diese unendlichen Summen und Produkte für konvergieren für , da die Glieder sämtlich positiv sind, in einer von der Reihenfolge der Summanden oder Faktoren unabhängigen Weise.

§ 28. Die Zusammensetzung der Idealklassen eines Körpers.

Betreffs der multiplikativen Darstellung der Idealklassen gilt der folgende wichtige Satz (Schering (1[9]), Kronecker (11[10])]:

Satz 57. Es gibt stets Klassen , …, , so daß jede andere Klasse auf eine und nur auf eine Weise in der Gestalt darstellbar ist; dabei durchlaufen , …, , die ganzen Zahlen , , , … bez. bis , …, , und es ist , …, und .

Beweis. Man bilde für jede Klasse den niedrigsten Exponenten derart, daß wird. Der größte aller dieser Exponenten werde mit bezeichnet, und es sei eine hierbei auf führende Klasse. Nun bestimme man für jede Klasse den niedrigsten Exponenten derart, daß gleich einer Potenz von wird. Der höchste dieser Exponenten , werde mit bezeichnet, und sei eine auf führende Klasse. Ferner bestimme man für jede Klasse den niedrigsten Exponenten derart, daß gleich einem Produkt von Potenzen der Klassen , wird; es sei der höchste dieser Exponenten und eine auf führende Klasse. Fährt man so fort, so entsteht eine Reihe von Klassen , , …, , denen, wie man unmittelbar sieht, die Eigenschaft zukommt, daß eine jede Klasse auf eine und nur auf eine Weise in der Gestalt dargestellt werden kann, wo , …, , die im Satze 57 angegebenen Werte annehmen.

Es sei nun

(15)

wo ist und , ‚ …‚ gewisse ganzzahlige Exponenten bedeuten. Aus den gemachten Festsetzungen folgt , wo , …, gewisse ganze Zahlen sind; es muß durch teilbar sein, da im anderen Falle bereits eine niedere als die -te Potenz von als Produkt der Klassen , , …, darstellbar sein würde. Wird gesetzt, so folgt, daß durch ein Produkt der Klassen , …, darstellbar ist; es ist daher notwendig durch , d. h. , durch teilbar. Setzen wir und wählen an Stelle der Klasse , die Klasse , so geht die Gleichung (15) über in die einfachere Gleichung . Die Fortsetzung dieses Verfahrens führt schließlich zu einer Klasse , an Stelle von , für welche die gewünschte Relation stattfindet.

Die obige Darstellung der Klassen kann überdies so eingerichtet werden, daß die Zahlen , …, , Primzahlen oder Primzahlpotenzen sind. Wäre nämlich eine der Zahlen , …, , welche noch nicht Primzahl oder Primzahlpotenz ist, und wäre etwa …, wo , , … Potenzen verschiedener Primzahlen sind, so setze man, wenn die zu gehörige Klasse bezeichnet, , , …. Wir haben dann , , …, und wenn

gesetzt wird, so folgt . Es kann also an Stelle von eingeführt werden. Sind die Klassen in der zuletzt beschriebenen Weise gewählt, so heißen dieselben ein System von Grundklassen.
§ 29. Die Charaktere einer Idealklasse. Eine Verallgemeinerung der Funktion .

Nachdem ein bestimmtes System von Grundklassen ausgewählt worden ist, ist eine jede vorhandene Klasse durch die Exponenten und mithin auch durch die Einheitswurzeln

eindeutig bestimmt. Diese Einheitswurzeln heißen die Charaktere der Klasse . Sind , Charaktere der beiden Klassen , bez. , so ist offenbar . Der Charakter einer Klasse wird zugleich auch als der Charakter eines jeden in enthaltenen Ideals bezeichnet.

Mit Hilfe eines Charakters läßt sich dann eine Funktion bilden, welche eine Verallgemeinerung der oben betrachteten Funktion ist, und welche eine ähnliche Produktentwicklung gestattet [Dedekind (1[3])]. Diese Funktion ist

,

wo die Summe über alle Ideale und das Produkt über alle Primideale des Körpers zu erstrecken ist.


  1. [360] Über die positiven quadratischen Formen und über kettenbruchähnliche Algorithmen. J. Math. 107 (1891).[WS 1]
  2. [360] Geometrie der Zahlen. Leipzig 1896.
  3. a b c d e f g [356] Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet, 2. bis 4. Aufl. Braunschweig 1871–1894.[WS 2]
  4. [359] Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen. J. Math. 92 (1882).[WS 3]
  5. [358] Die unimodularen Substitutionen in einem algebraischen Zahlkörper. Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1895.[WS 4]
  6. [357] Sur la manière de résoudre l’équation au moyen des fonctions circulaires. Werke 1, 343.
  7. [357] Sur l’usage des séries infinies dans la théorie des nombres. Werke 1, 357 (1838).
  8. [357] Sur un théorème relatif aux séries. J. Math. 53 (1857).[WS 5]
  9. [360] Zahlentheoretische Bemerkung. Auszug aus einem Brief an Herrn Kronecker. J. Math. 100 (1887).[WS 6]
  10. [359] Auseinandersetzung einiger Eigenschaften der Klassenanzahl idealer komplexer Zahlen. Werke 1, 271 (1870).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Minkowski, Hermann: Über die positiven quadratischen Formen und über kettenbruchähnliche Algorithmen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 107 (1891), S. 278–297 GDZ Göttingen
  2. a b c d e f g Dedekind, Richard: Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet, 4. Auflage, Braunschweig, 1894, Internet Archive
  3. Kronecker, Leopold: Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 92 (1882), S. 1–122 GDZ Göttingen
  4. Hurwitz, Adolf: Die unimodularen Substitutionen in einem algebraischen Zahlenkörper, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen – Mathematisch-Physikalische Klasse, 1895, S. 332–356 GDZ Göttingen
  5. Lejeune Dirichlet, Peter Gustav: Sur un théorème relatif aux séries, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 53 (1857), S. 130–132 GDZ Göttingen
  6. Schering, Ernst Christian Julius: Zahlentheoretische Bemerkung. Auszug aus einem Brief an Herrn Kronecker vom 14. Mai 1863)., in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 100 (1887), S. 447–448 GDZ Göttingen


7.6 Die Einheiten des Körpers. Nach oben 7.8 Die zerlegbaren Formen des Körpers.
{{{ANMERKUNG}}}