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blitzschnell die Hand fest auf den Mund gedrückt, ein zweiter riß ihn nieder.

Dann lag er, gebunden und mit einem Knebel zwischen den Zähnen, hinten an der Gartenmauer. In seiner Nähe schritt langsam ein Wächter auf und ab. –

Der Privatgelehrte oben in seinem Bett lauschte. Kein Zweifel. Die Feuerwehr kam. Er hörte schon das Rasseln der Räder, den Klang einer schrillen Glocke, deren Klöppel hin und wieder bewegt wurde.

Da – was war das? – Die Tür öffnete sich. – Zwei Gestalten stürzten auf sein Bett zu. Er vermochte sich nicht zu rühren. Fesseln legten sich um seine Hände.

„Hiller, reißen Sie dem Mann die Bandagen vom Gesicht,“ befahl Schaper jetzt.

Der Gefangene leistete keinen Widerstand.

„Leuchten Sie!“

Hiller nahm die Lampe zur Hand und hielt sie so, daß der Lichtschein voll das bartlose Gesicht des Gefesselten traf.

Fritz Schaper beugte sich vor. Diese schmalen Lippen, dieses energische Kinn und die halb zugekniffenen Augen kannte er. Aber – wer war der Mann, wer? – Dann – er prallte förmlich zurück.

„Die Toten stehen auf!“ rief er fassungslos. „Hiller,“ wandte er sich an seinen Untergebenen, „wahrhaftig, wenn ich nicht wüßte, daß jener Amerikaner, jener Doktor Timpsear, in Berlin begraben liegt, ich würde darauf wetten, daß ich hier denselben Schurken vor mir habe. – Mann,“ schrie er den Gefangenen an, „antworten Sie mir! – Wer sind Sie, wer in aller Welt?!“

Doch der angebliche Privatgelehrte stierte nur immer geradeaus zu der Zimmerdecke empor. Keine Miene verzog er, kein Wort kam über seine Lippen.




Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/93&oldid=- (Version vom 26.7.2016)