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Zu den ursprünglich vorhandenen und bei Erregung von Elektrizität und Magnetismus entstehenden Kraftfeldern kommen also noch solche, die vom jeweiligen Bewegungszustande der Körper abhängig sind, alle bis ins Unendliche ausgedehnt und die übrigen durchdringend; ohne einen Träger, den man sich vorstellen könnte.

Im übrigen kann der Raum nicht einmal als leer angenommen werden. Die Interferenzerscheinungen haben nämlich ergeben, daß das Licht notwendig eine Wellenerscheinung sein muß; die Polarisationserscheinungen, daß die Wellen notwendig transversale sein müssen. Demnach mußte man sich den Weltraum und jeden andern leeren Raum mit einem Medium, dem Äther ausgefüllt denken, in welchem die Wellen fortschreiten. Da die dem Gravitationsgesetz entsprechende Bewegung der Planeten trotz ihrer ungeheueren Geschwindigkeiten keinen merklichen Widerstand erfährt, muß der Äther sehr fein sein, dennoch aber ein fester Körper von weit größerer Elastizität als der Stahl, weil eben in einem gasförmigen oder flüssigen Medium keine Transversalwellen möglich sind. Wollte man nun selbst auch die Existenz eines so feinen hochelastischen festen Körpers zugeben, so wäre doch unverständlich, warum nicht neben transversalen Lichtwellen auch longitudinale zu beobachten sind, deren Existenz schon nach dem Energieprinzip völlig ausgeschlossen ist.

Faraday kam deshalb auf den Gedanken, das Licht möchte nicht eine mechanische, sondern eine elektromagnetische Wellenerscheinung sein, bei der abwechselnd elektrische Verschiebungen magnetische Felder erzeugen und diese wieder elektrische, wie es den oben erwähnten Gesetzen entspricht. Durch Maxwells (1873) theoretische Arbeiten und die berühmten Experimentaluntersuchungen von H. Hertz (1888) wurde schließlich diese »elektromagnetische Lichttheorie« zur Gewißheit erhoben.

Nun pflanzt sich das Licht im leeren Raum mit einer Geschwindigkeit von 300 Millionen Meter pro Sekunde fort. Dasselbe muß somit auch für die elektrischen und magnetischen Felder gelten, wie Hertz durch seine klassischen Experimente bestätigt fand. Daraus folgt zweierlei, daß nämlich der »Äther« auch der Träger der elektrischen und magnetischen Kräfte sein muß und daß diese Kraftfelder sich im allgemeinen nicht ins Unendliche ausdehnen, weil sie sich nur mit der Geschwindigkeit

Empfohlene Zitierweise:
Otto Lehmann: Das Relativitätsprinzip der neue Fundamentalsatz der Physik. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe, Bd. 23 (1909-1910), Karlsruhe 1911, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Relativit%C3%A4tsprinzip_(Lehmann).djvu/9&oldid=- (Version vom 11.8.2024)