Auf Grund der Kepplerschen Beobachtungen über die Bewegung der Planeten ist Newton 1666 auf Grund von Galileis Bewegungsgesetz zu dem Ergebnis gekommen: Eine Masse von kg übt auf eine Masse von kg im Abstand von Metern die Kraft
aus. Dies ist Newtons berühmtes Gravitationsgesetz. Diesem gemäß zieht die Sonne beständig die Erde an, letztere kann sich nicht der Trägheit folgend geradlinig im Raume weiter bewegen. Wie aber vermag die Sonne jeweils zu bemerken, wo sich die Erde gerade befindet, um eine dem Gesetz entsprechende Kraft auf sie auszuüben? Sie hat ja nicht einmal Augen!
Begreiflich wird die Sache nur dadurch, daß wir annehmen, die Sonne sei von einem »Kraftfeld« umgeben, in welchem an jeder Stelle die dem Abstand entsprechende Kraft in der Richtung des Radius vorhanden ist, so daß die Erde, wenn sie dahin kommt, von der Kraft sofort erfaßt wird. Dieses ganze unendliche Kraftfeld wandert beständig mit der Sonne durch den Weltraum. Ein ganz ähnliches Kraftfeld, nur von geringerer Stärke besitzt auch die Erde. Es dreht sich mit ihr, die äußersten Teile mit unendlicher Geschwindigkeit.
Die Erde vermag deshalb die Sonne anzuziehen. Merkwürdigerweise sagt nun das Gravitationsgesetz aus, diese Kraft der Erde sei genau ebenso groß wie die Kraft der Sonne auf die Erde! Dies ist Newtons Axiom der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung, ein sogenannter selbstverständlicher Satz, obschon in Wirklichkeit nichts weniger als selbstverständlich!
Wer könnte sich übrigens vorstellen, inwiefern die Kraft, losgelöst von ihrem Träger, der Sonne, frei im Kraftfeld wirken soll? Eine Materie kann dort nicht der Träger sein, denn die Kraftfelder von Sonne und Erde durchdringen sich ungehindert, Materien aber können sich nicht durchdringen!
Die Sache wurde noch komplizierter durch Entdeckung der elektrischen und magnetischen Kräfte. Coulomb (1785) fand, daß sich zwei elektrische Ladungen von bezw. Coulomb[WS 1] beeinflussen mit der Kraft
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: hier Fußnotenziffer 1, siehe die Fußnote auf der nächsten Seite.
Otto Lehmann: Das Relativitätsprinzip der neue Fundamentalsatz der Physik. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Karlsruhe, Bd. 23 (1909-1910), Karlsruhe 1911, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Relativit%C3%A4tsprinzip_(Lehmann).djvu/7&oldid=- (Version vom 10.8.2024)