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früheren Tätigkeit als Detektiv sehr zu statten. – Es war bereits 10 Uhr geworden, als er dann ziemlich mißmutig mit der elektrischen Bahn nach Danzig zurückkehrte, da er auch nicht den geringsten Erfolg zu verzeichnen hatte. Zu Hause angelangt, setzte er sich sofort an seinen Arbeitstisch und entwarf folgendes Inserat, das er in den Danziger Kurier, dieselbe Zeitung, in deren Leitartikel vom letzten Dienstag Durgassow die vielsagenden Zeilen: „Schon viele Minister tauchten in der Versenkung unter, weil sie einer bestimmten politischen Gruppe unbequem waren“ rot umrändert hatte, einrücken lassen wollte:

Minister-Versenkung. Wo bist Du zu treffen? Ich sehne mich nach Dir, M. Antwort unter M. V.

„So, das wäre erledigt,“ dachte Dreßler und schob das Inserat in einen Briefumschlag. „Ich hoffe, diese wie eine Bitte um ein zärtliches Rendezvous anmutenden Zeilen werden niemandem auffallen. Sie sehen harmlos aus und müssen Durgassow doch, falls er in seinem Versteck auf die kluge Idee kommen sollte, gerade den Annoncenteil des Kuriers zu durchblättern, ihrer Überschrift wegen aufstoßen. Ich muß eben unbedingt wissen, wo der alte Herr sich zur Zeit aufhält, um mich mit ihm in Verbindung setzen zu können. Ist dies erst geglückt, so werden wir über die weiteren Schritte, die im Interesse aller Beteiligten getan werden müssen, schon einig werden.“

Eine halbe Stunde später begab er sich dann zu Wielands.

„Die Herrschaften zu Hause?“ fragte er das ihm öffnende Stubenmädchen.

„Bedaure, Herr Doktor. Die Herrschaften sind vor wenigen Minuten nach der Schichauwerft gefahren, wo heute der neue Lloyddampfer „Kaiser Friedrich“ vom Stapel läuft.“

Bei dieser Nachricht atmete Dreßler erleichtert auf. Es schien zwischen dem Ehepaar ja bereits wieder die vollkommenste Harmonie zu bestehen. Glücklicher Freund! Wie schnell ihn doch die heiße Liebe zu seinem Weibe, seiner vergötterten Maria, all die

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Walther Kabel: Das Geheimnis eines Lebens. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_eines_Lebens.pdf/54&oldid=- (Version vom 31.7.2018)