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Das Ausland. 1,2.1828


so mußte jene Menge von Elementarwerken entstehen, welch die, gleichfalls ungeheuer ausgedehnte Presse zu Tag förderte.

In dieser Zeit gab Brougham, seine Untersuchung über Volks-Erziehung heraus, im welcher er zuerst dem Entwurf einer Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse vorlegte. Augenscheinlich, sagte er, ist das, was der arbeitenden Classe fehlt, um größere Bildung zu erlangen, vorzüglich Zeit. Man muß daher für sie eine schnellere Lehrmethode ausfindig machen; der größere Theil muß sich begnügen, gewisse Grenzen nicht überschreiten zu wollen, aber er muß diese Grenzen auf dem kürzesten Weg erreichen. In der Geometrie z. B. wird es nicht nöthig seyn, den Zuhörer durch alle Stufengrade jenes herrlichen Systems durchzuführen, welches die allgemeinsten und entferntesten Wahrheiten an Begriffsbestimmungen und Axiome knüpft; es wird hinreichen, ihm nur die Haupteigenthümlichkeiten der Figuren beizubringen. Sollte es nicht ebenso möglich seyn, die Mechanik zu lehren, ohne jene gründlichen Vorkenntnisse der Geometrie und Algebra, die man gewöhnlich als unumgänglich nothwendig annimmt? Gelehrte würden daher ein großes Verdienst sich erwerben, wenn sie einen Theil ihrer Zeit opferten, um klare und bestimmte Elementarbücher über die Mathematik herauszugeben, das Nöthigste aus der Geometrie zusammenzustellen, die Hauptlehren der Physik etc. etc. und ihre Anwendung solchen Lesern vors Aug zu stellen, die noch keine bedeutenden Fortschritte in der Mathematik gemacht haben, so wie solchen, deren Unterricht sich noch nicht über die einfachsten Formeln der Arithmetik erstreckt. Man würde sich sehr irren, wenn man annähme, daß diese Bemühungen kein anderes Resultat geben würden, als daß sie unter dem Volke einige wissenschaftliche Elementarkenntnisse verbreiteten; obgleich auch schon blos dieser Zweck von den größten Vortheilen begleitet seyn müßte. Der Gedankenkreis der Masse des Volks würde sich erweitern; die Aufmerksamkeit würde sich auf edlere Gegenstände richten, und dieß sollte doch wohl der Hauptzweck selbst der erhabensten Philosophie seyn, den man auch gegenwärtig nimmer zu verkennen scheint, wo die Koryphäen der Wissenschaft aufgehört haben, auf die Menge nur mit Verachtung herabzublicken. Wenn überdieß ein stetes Fortschreiten zu allen Zeiten Zweck der Philosophie war, so wird dieser Zweck, wenn auch vielleicht indirect, viel sicherer erreicht werden, falls mit der Zahl der Beobachter auch die Forschungen und Erfahrungen sich vermehren. Lehrt man auch blos die Elemente der Wissenschaft, so wird der Schüler, der in sich Geschick und Beruf fühlt, seine Studien schon weiter verfolgen, und damit wird sich die Masse derer vermehren, die fähig sind, neue Blicke in die unerforschten Tiefen der Wissenschaften zu werfen, oder von den Resultaten der Wissenschaften eine neue sinnreiche Anwendung auf Künste und Gewerbe zu entdecken.


(Schluß folgt.)

Des Bischof Heber’s Reisen durch das nördliche Indien.


(Fortsetzung.)


Von Kalingara kömmt man sieben Meilen weit durch Junglenland nach dem Dorfe Tambresa, in dessen Nähe wir unter dem Schatten einiger schönen Bäume unsre Zelte aufschlugen, unfern einer Zisterne, die noch ein wenig Wasser enthielt. Die Lage war sehr schön, ein unglücklicher Zufall aber machte uns unsern Aufenthalt daselbst unangenehm. Unsere kleine Heerde Schafe und Ziegen lagerte nach dem Marsche unter einem schattigen Baum, da kletterte ein Affe herab, dem Schäfer sein Frühstück zu stehlen, wurde aber von diesem zurückgewiesen und stieß auf seiner eiligen Flucht durch die Aeste hin an ein Bienennest, das an einem derselben frei in die Luft herabhing. Der Flüchtling wurde nicht nur selbst gehörig gestochen, sondern brachte auch den ganzen Schwarm gegen die harmlosen Thiere unten in Aufruhr. Die meisten wurden bedeutend gestochen und blöckten erbärmlich; es war dabei auffallend, wie verschieden sich die Schafe und die Ziegen gebärdeten. Die erstern drängten sich zusammen und stießen ihre Nasen in den Sand, ohne an Flucht oder Widerstand zu denken; die letztern rannten, so eilig sie konnten, auf uns zu, um unter unsern Zelten Schutz zu suchen. Sie brachten aber einen solchen Schwarm ihrer Verfolger auf dem Leibe oder hinter sich her, daß ihre Ankunft sehr unwillkommen war, und wir genöthigt wurden, ihnen die gastfreundliche Aufnahme zu versagen, die sie sonst wohl gefunden hätten. Wirklich war auch mein Zelt eine Weile voller Bienen, so daß mehrere Leute gestochen wurden. Wir durften noch von Glück sagen, daß die Schafe und Ziegen, und nicht die Pferde angegriffen wurden; im diesem Falle hätten die Folgen äußerst bedenklich werden können. Nach dem, was ich sah, muß ich schließen, daß der Stich der gewöhnlichen indischen Biene nicht so bedeutend ist als der europäischen. —

Zum Schluß holen wir noch einige Schilderungen nach, die für unsere Leser nicht ohne Interesse seyn werden. Sehr malerisch beschreibt der Verfasser die Ufer des Hugly, auf einer Fahrt durch die Sunderbunds nach Calkutta : „Wir näherten uns nun der Seite des Flusses, die Kadgeri gegenüber ist. Hier erblickte das Auge nichts, als eine düstere, ununterbrochene Kette dichter, schwarzer Waldungen, undurchdringlich und unbegränzt, die man sich als die Behausung alles Gräulichen, Furchtbaren und Verderblichen vorstellen mußte. Wir hatten die Nacht zuvor in dieser Richtung hin unaufhörlich blitzen gesehen; und vielleicht vermehrte diese Erinnerung den Eindruck der Gegenwart. Ueberdieß sprachen die Seeleute und Offiziere von dieser Küste nur mit Schrecken, als von dem Grab aller derer, die das Unglück hatten, mehrere Tage in ihrer Nachbarschaft zu bleiben. Selbst in dem glänzenden Sonnenlicht kostete es die Phantasie geringe Mühe, überall um uns her verderbliche Dünste aufsteigen


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_436.jpg&oldid=- (Version vom 20.2.2023)