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Das Ausland. 1,2.1828

Kaste bilden, so muß doch der Brak mit ihnen ins Wasser gehen, mitten in einen hiezu bezeichneten kleinen Fluß, und darf diesen nicht ohne einen Fisch in der Hand verlassen, den er eigentlich mit der Hand fangen soll, den man ihm aber meist heimlich zusteckt. Diese und ähnliche Feierlichkeiten geschehen in Gegenwart einer großen Menge Volks.

Die Walos haben vor ihrem Brak eine fast abergläubische Ehrfurcht, die um so bemerkenswerther ist, als dieser Souverän nicht viel besser wohnt als seine Unterthanen, ebenso einfach gekleidet ist, und nicht wie in Europa durch Prunk und Pracht, von denen getrennt ist, denen er gebietet. Jeder darf sich ihm frei nahen, wobei aber der Nahende seine Sandalen ablegt, ein Knie zur Erde beugt, die Hand an das Haupt legt, und mit diesem sich tief verneigt. Das Vertrauen, welches das Volk in die königliche Familie setzt, geht so weit, da es ihr übernatürliche Heilkraft zutraut. Ich sah, wie Mütter ihre kranken Kinder vor die Königin brachten: diese berührte dieselben feierlich mit der Fußspitze an den Lenden, der Magengegend, am Haupt und an den Füßen, worauf die armen Negerinnen freudig nach Hause eilten, und ihre Kinder gerettet glaubten. Man lächle nicht hierüber; müssen wir doch auch bei uns Aehnliches erfahren.

Im Widerspruch mit der Sitte unsrer großen offenen Hoftafeln, speist der Brak mit seiner Familie nie öffentlich, sondern stets im Verborgenen, als ob es für den König eine Schande wäre zu zeigen, daß auch er die materiellen Bedürfnisse: des bloß thierischen Lebens habe.

Das Gefolge des Brak besteht gewöhnlich aus etwa fünfzig Negern, einer Art adeliger Krieger. Diese leben auf Kosten des Volks, und betrachten jede Arbeit als ihrer unwürdig. Unternimmt der Brak eine Reise, so müssen die Dörfer, durch die er kommt, für ihn und sein Gefolge die nöthigen Lebensmittel liefern. Während man den armen Einwohnern das Ihrige nimmt, schlagen die Griots, die Spielleute, die Possenreißer des Landes, nur um so lustiger auf ihre lärmenden Trommeln los, und besingen den Ruhm ihres Herrn. „Seht hier, die gute Familie! keine edlere auf der Welt! Seht die Nachkommen eurer Könige! Kommt! freuet euch!” Unterdessen werden von allen Seiten die Hühner, die Schafe, die Ziegen zusammengetrieben, und alle Lebensmittel der gehorsamen Kinder des Landes aufgepackt. — Die Fürsten Europas reisten im Mittelalter nicht anders, bis man durch Erfindung der Steuern ein Mittel fand, sich was man wollte, auf leichterm Wege zu verschaffen.

Die Regierungsverfassung von Walo bietet noch mehrere andere Aehnlichkeiten mit der frühern französischen dar. Eine der ersten Staatswürden ist die des Bukanek, eine Art Haus-Mayer und erster Minister, kurz ungefähr das, mas einst ein Major Domus. Diese hohe Stelle ist blos Einer Familie vorbehalten.

(Schluß folgt.)


Der Türkenkrieg


(Schluß.)


Der Hämus – die Türken nennen ihn den großen Balkan (Berg) – erhebt sich an den Ursprüngen des Ister, der Maritza, des Karassu und des Strymon. Am Orbelus hat das Gebirg seine höchste Höhe erreicht und fällt fort und fort bis zum Cap Emineh am schwarzen Meer. Der Orbelus sendet Zweige zwischen die Drina und Morava zur Donau, zwischen das adriatische und ägeische Meer zur Südspitze von Morea hinab. Der Hämus verzweigt sich zwischen der Morava und dem schwarzen Meer gegen die Donau, und zwischen diesem Meer und dem Stryamon an den Archipel und das Meer von Marmora.

Nach dieser Darstellung des Höhenzugs, über den man nach Rumili gelangt, betrachten wir die Wege dahin. Es sind deren hauptsächlich drei.

1) Die Straße über Nizza, [1] Sophia, Philippopel. Der Weg von Nizza bis Dragoman, vor Sophia, ist von so schlechter Beschaffenheit, daß er selbst nach geschehener Verbesserung für Geschütze kaum fahrbar wird. Drei Pässe finden sich auf dieser Strecke, bei welchen der Zug eines Heeres ohne Mühe angehalten werden kann.

Von Dragoman nach Sophia fährt man leicht, und erblickt hier zur Rechten den hohen Witoscha. Zwei warme Bäder liegen an seinem Fuß; seinen Scheitel deckt zwischen Flesenbrocken ewiger Schnee. Der Weg bis Ichteman, streckenweise über felsigen Boden, ist gefährlich. Gewitter und Stürme sind in dieseer Gegend zu Haus und von entsetzlicher Art.

Von Ichteman zieht der Weg über zahlreiche Gewässer immer aufwärts vor das Trajanische Thor (Demir-Capi,


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_432.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2023)
  1. Nach dem Sieg der Oesterreicher bei Nizza am 24 Sept. 1689 unternahm Generallieutenant Piccolomini im Oct. einen merkwürdigen Zug gegen Uskup (Skopia), also über das skardische Gebirg in der Nähe des Orbelus. Er zog über Prokopia (Orkup) durch rauhe Gegenden nach Pristina, wo er am 21 Oct. eintraf. Nach wenigen Tagen gelangte er durch den beschwerlichen Paß an dem Schloß Haisanik vorüber nach Uskup. Viel zu schwach, um die ausgebreitete Stadt, deren Ausdehnung man mit Prag verglich, zu behaupten, ließ der österreichische General dieselbe einäschern. Was die Zeit an prächtigen Denkmälern der einstigen Justiniana prima bis jetzt noch bewahrte, ging in Flammen auf; zwei Tage lang verhüllte der Rauch die Sonne. „Ich unternahm, sagt Fürst Piccolomini in seinem Bericht an den Kaiser, das schreckliche acht Stunden lange, steile Felsendefilée bei Haisanik zu passiren; ich zweifle, daß die Alpen rauher und beschwerlicher waren, als Hannibal nach Italien vordrang.“ „Und Gott sey Dank,“ sagt der Verfasser des Tagebuchs über diesen Streifzug, „am 25 kam der General aus dem Gebirge heraus.“ Im Anfang des Jahrs 1690 wurde auch die Umgegend von Sophia durchstreift. Am 25 März gieng aus der Gegend von Pirot der Hauptmann Sebenfossa mit zweihundert Raitzen nach Philippopel und nahm am 29 den Kadi dieser Stadt mit vielen andern vornehmen Einwohnern gefangen.