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Das Ausland. 1,2.1828

Die Empörung, die den mexicanischen Bundesstaat mit allen Schrecknissen eines Bürgerkrieges bedrohte, mußte durch diesen Ausgang nur dazu dienen, die Institutionen, die sie stürzen sollte, dauerhafter zu befestigen, indem sie eine Menge fremdartiger, störend einwirkender Elemente aus dem Körper der Republik entfernte; der Sturz der Escoceres hat den Sieg der Demokratie für Mexico – und man kann vielleicht sagen, für Amerika – entschieden.

Alle einzelnen Bundesstaaten, selbst viele der kleinsten Ayuntamientos, sprachen bei dieser Gelegenheit ihre Anhänglichkeit an die Verfassung und ihre Ergebenheit gegen die Bundesregierung aus; nur in dem Staate Veracruz entstand gleichzeitig mit dem von der Hauptstadt aus geleiteten Aufstande eine Bewegung, die denselben Zweck gehabt zu haben scheint. Der Gouverneur dieses Staates, Don Miguel Barraguay, in Uebereinstimmung mit dem Congreß desselben, erließ ein Verbot gegen jede Art von geheimen freimaurerischen Verbindungen, welcher Form und welchen Namens sie auch seyn mögen, und erklärte sich bald darauf, an der Spitze der Miliz von Xalapa, wo der Congreß des Staates seinen Sitz hat, mit etwa 200 Mann zu Gunsten Montanos, der – wie er behauptete – bereits 2000 Mann unter den Waffen habe. Neun und zwanzig der größten Ortschaften des Staates ergriffen jedoch die Sache der Föderativregierung und stellten einen alten erprobten Patrioten, Oberst Francisco Gomez, an ihre Spitze, der sogleich gegen General Barraguay ernsthafte Vorbereitungen traf; von allen Seiten marschirten Truppen gegen Xalapa, und es ist daher sehr wahrscheinlich, daß auch in Veracruz, in dem Augenblicke, wo wir dieß schreiben, bereits alles beigelegt ist. Eine Benutzung dieser Unruhen von Seiten Spaniens war um so weniger zu befürchten, als der tapfere Commodore Porter mit seinem Geschwader im Hafen von Veracruz lag, und der spanische Commodore Laborde noch an den Küsten von Columbia kreuzte.

Einen ehrenvollen Beweis von dem Geiste, von welchem die mexikanische Marine – größtentheils aus Nordamerikanern zusammengesetzt – beseelt ist, gab erst kürzlich ein Gefecht, das, obgleich von unglücklichem Ausgang, zu den glänzendsten Waffenthaten in dem ganzen Laufe des Kampfes zwischen den spanischen Colonien und ihrem Mutterlande gehört. Die Kriegsbrigg Guerrero, Capitain D. H. Porter, ein Neffe des Commodore, hatte am 9ten Februar zwei spanische Guineabriggs genommen und mit ihren Leuten bemannt; am zehnten stieß sie auf der Höhe von Havanna auf zwei spanische Kriegsbriggs, die Martha und die Maria Amalia, jene von 18 Kanonen und 180 Mann; diese von 10 Kanonen und 130 Mann; nach einem hitzigen Gefecht, in welchem auch der Guerrero, der 22 Kanonen und 136 Mann hatte, in seinem Takelwerk stark beschädigt worden war, suchten beide spanische Schiffe das Weite und entkamen nach Mariel. Man hatte indeß den Donner des Geschützes in dem Hafen von Havanna gehört, und die Fregatte Lealtad, von 54 Kanonen und 500 Mann, war sogleich in See gegangen. Sie soll ein ausgezeichneter Segler seyn, und da die Brigg in sehr beschädigtem Zustande war, so wurde sie bald von der Fregatte erreicht. Es erfolgte hierauf ein verzweifelter Kampf, der zwei und eine halbe Stunde dauerte, und mehr als die Hälfte von dieser Zeit Bord an Bord. Zweimal wurde die Flagge des Guerrero weggeschossen und wieder aufgepflanzt; endlich, nachdem er seine ganze Munition erschöpft hatte, mußte er das Feuer einstellen; und da es bei dem Zustande des Takelwerkes unmöglich war zu entkommen, beschloß Kapitän Porter die Flagge zu streichen. Die Fregatte, in der Meinung, daß die Flagge wieder weggeschossen sey, setzte ihr Feuer fort; und Kapitain Porter wurde, nachdem die Brigg sich bereits ergeben hatte, durch eine Kartätschenkugel getödtet. Der Guerrero hatte, als die Spanier sich seiner bemächtigten, 49 Mann an Todten verloren; beinahe die ganze übrige Mannschaft war verwundet; der Verlust der Spanier betrug an 200 Mann, und die Fregatte war, als sie mit ihrer Prise in Havanna einlief, beinahe eben so arg zugerichtet, als diese. Der Leichnam des tapfern Kapitäns wurde mit allen militärischen Ehren zur Erde bestattet.


Cobbett’s Sendschreiben an den Herzog von Wellington.


Zweiter Brief.
(Fortsetzung.)

Zwar haben die eifrigsten Vertheidiger der Heiligkeit des Eigenthums den Satz aufgestellt, daß es in England für einen Eingriff in das Eigenthum eines andern nie eine Entschuldigung gebe; aber sie gründeten diesen Satz blos auf die Annahme, daß ein solcher Grad von Elend in unserm Lande nie eintreten könne, weil hier die Armengesetze stets Hülfe darböten. Diese Armengesetze aber wurden durch unzählige Parlamentsbeschlüsse verstümmelt und wirkungslos gemacht. Ich will nur zwei anführen. Durch die Select-Vestry-Bill wurde die ganze Vertheilung der Armengelder den Reichen jedes Kirchspiels überantwortet. Dem Armenpfleger (overseer) sind die Hände gebunden. Jedes Gefühl des Mitleids, das in seiner Brust erwacht, wenn er mit eigenen Augen das Elend und den Jammer in der Hütte des Arbeiters erblickt, wird zurückgedrängt oder beherrscht durch diese Versammlung der Reichen, welche die Unglücklichen, über deren Schicksal sie zu entscheiden haben, nie von Angesicht zu Angesicht gesehen haben.

Dabei hat man den Armenpflegern Adjuncte (assistant overseers) an die Seite gesetzt, und ihre Besoldungen auf die Armenfonds angewiesen. Das Geschäft, das Volk bis zur Aushungerung niederzudrücken, ist zu schmerzlich für die zarten Nerven der Reichen, und wird daher einem solchen Agenten übergeben, dessen Gehalt in eben dem Verhältniß groß ist, als er die Ausgaben des Kirchspiels klein zu machen weiß.

Durch diese und andere Vorschriften der legislativen Gewalt sind die Armengesetze ein Mittel geworden, das

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_408.jpg&oldid=- (Version vom 7.10.2021)