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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 39. 8. Februar 1828.

Ueber das natürliche Absterben der Neger-Sklaverei.


In Birmingham ist vor kurzem eine kleine Schrift[1] erschienen, welche die Grausamkeiten der Sklaverei, von der Einfangung der Negersklaven der afrikanischen Küste, bis zu der Behandlung, welcher sie in Westindien ausgesetzt sind, lebhaft schildert. Diese Gräuel sind theils bekannt genug,[2] theils empören sie jedes fühlende Herz zu sehr, als daß wir hier eine ähnliche Schilderung versuchen sollten. Aber der letzte Theil dieser Schrift wirft die Frage auf, ob sich die Sklaverei nicht durch Begünstigung freier Arbeiter auf den Pflanzungen allmählig und ohne gewaltsame Maßregeln ausrotten lasse? und entwickelt bei dieser Gelegenheit Ansichten, die, wenn auch nicht ganz neu, so doch auf eine so überzeugende Weise dargestellt sind, daß wir hoffen dürfen, man werde nicht ungern hier folgende Mittheilung darüber lesen.

Die Menschenfreunde, die so ruhmvoll für die Abschaffung des Sklavenhandels gekämpft haben, waren natürlicher Weise Feinde der Sklaverei im allgemeinen, und mußten nach der gänzlichen Ausrottung derselben, als der Vollendung ihres Systems, nach Kräften streben. Aber ihnen konnte auch der große Einfluß der Pflanzer in Westindien nicht entgehen, und sie fürchteten, daß ihr ganzer Plan scheitern möchte, wenn sie gleich Anfangs eine so umfassende Reformation in Vorschlag brächten. Sie beschränkten sich daher anfänglich auf die Abschaffung des schändlichen Handels selbst, und hofften, daß diese Maßregel den elenden Zustand der Sklaven verbessern und endlich das Institut selbst ganz aufheben sollte. Aber die Erfahrung hat schon gezeigt, wie wenig diese Hoffnungen begründet waren, denn die bestunterrichteten Vertheidiger der Neger sehen sich jetzt genöthigt die Verbesserung des Zustandes der Sklaven als das sicherste Mittel zur Unterdrückung des Sklavenhandels anzuempfehlen. Im 19ten Bericht der African Institution heißt es ausdrücklich: „Wie wir die Abschaffung des Sklavenhandels anfangs als ein Mittel betrachteten, den Zustand der Sklaven zu verbessern, so sind wir jetzt zu der Betrachtung genöthigt, ob uns etwas anderes übrig bleibt, als unser Verfahren umzukehren, d. h. ob wir jetzt nicht suchen müßen, die Sklaverei zu mildern und auszurotten, als das einzig sichere Mittel, den Sklavenhandel abzuschaffen. Wir können leider andere Nationen nicht zwingen denselben aufzugeben, und es scheint nur zu gewiß zu seyn, daß sie sich nicht überzeugen lassen. Würde man aber freie Arbeiter gehörig begünstigen, so könnten wir dahin kommen, daß wir jenes auch gar nicht nöthig hätten.“

Es ist wohl der Mühe werth den Fehler zu zeigen, den die ersten Kämpfer für die Verbesserung des Zustandes der Negersklaven begingen, denn wir fürchten, daß derselbe noch fortwährend den Gang der Politik in diesem wichtigen Punkte verwirrt. Diese Männer setzten nämlich voraus, daß der höhere Preis der Sklaven und die Unmöglichkeit sich durch Zufuhr neue zu verschaffen, die Pflanzer bestimmen werde diese besser zu halten; aber hätten sie das Wesen ihres Systems vorher gehörig durchdacht, so würden sie schwerlich diese Hoffnung gehegt haben. Denn der halhe Preis der Sklaven und ihrer Produkte (was in der That dasselbe ist), ist der eigentliche Grund der Negersklaverei, und macht außerdem das Uebel nur ärger, indem er den Herrn in den Stand setzt, die Wollust der Grausamkeit und Unterdrückung für Geld zu erkaufen; während im Gegentheil das allmählige Abnehmen dieser Sklaverei sich durch stete Verringerung des Werthes, sowohl der Sklaven als ihrer Produkte, ankündigen muß, bis sie dann nach und nach sich ganz in Freiheit auflöst. Die Menschen erhalten sich selbst immer weit wohlfeiler, als sie von andern erhalten werden können, denn ihres eigenen Vortheils wegen arbeiten sie in der Regel bei weitem mehr, als wenn sie für einen Herrn arbeiten. Kann man Arbeiter genug bekommen, und ist das Produkt der Arbeit im Preise so niedrig, als es seyn kann, so ist es unmöglich, daß man noch mit Vortheil Sklaven halten kann; nur ein übermäßig hoher Preis der Arbeit und der Produkte, der im Monopole seinen Grund hat, ist im Stande dieses unnatürliche und schändliche Institut aufrecht zu erhalten.

Diese Betrachtung, die hier sogleich etwas ausführlicher behandelt werden soll, scheint die einzige zu seyn, die je bewirken kann, daß man mit Zustimmung aller interessirten Theile und folglich ohne gewaltsame Maßregeln ein Institut aufhebt, gegen welches sich freilich jedes menschliche

  1. A short Review of the Slave Trade and Slavery, with considerations on the Benefit which would arise from cultivating Tropical Productions by Free Labour. Birmingham, Beilby, Knott and Beilby. 1827.
  2. Deutsche Leser, die sich über den furchtbaren Zustand der Sklaven im brittischen Westindien unterrichten wollen, verweisen wir auf die allg. politischen Annalen, Bd. XX. und XXI.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_163.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)