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Das Ausland. 1,2.1828

Richtungen kommend, mit solcher Gewalt wider einander, daß der feurige Schaum vierzig bis fünfzig Fuß hoch in die Luft sprizte. Es war zugleich das schönste und das schrecklichste Schauspiel der Welt.

Unter dem Namen Pele war dieser Vulkan früher eine der größten und gefürchtetsten Gottheiten von Hawaii. „Pele ist die allmächtige Göttin der Vulkane, und Kirauea, ihre und der ihr untergeordneten Gottheiten Wohnung. Die kegelförmigen Krater sind ihre Häuser, wo sie sich oft mit Koriane = Spielen ergötzen; das Getöse und das Prasseln der Flammen ist die Musik ihres Tanzes, und die rothflammende Woge ist die Fläche auf der sie spielen.“ Doch dieser Glaube verliert jetzt immermehr seinen Einfluß auf die Gemüther des Volks.

Groß war unser Bedauern, als wir den nächsten Morgen, nach einer fast schlaflosen Nacht, unsern Rückweg antreten mußten. Es war der herrlichste Tag, die Atmosphäre vollkommen klar, und die Luft rein und stärkend. Das Bett des Kraters, auf dem noch die breiten Schatten der östlichen Wand lagen, zeigte sich in finsterer Schwärze; eine tiefe Röthe warf der Widerschein der Morgensonne auf die westlichen Felsen; das helle Gelb der gegenüberliegenden spielt hier und da ins Scharlachrothe, und die zwischen ihnen sich erhebende Rauchsäule schwebte, wie eine leichte, glänzend weiße Draperie im tiefen Azur des südlichen Himmels. Mouna Roa, und Mouna Kea standen im Westen und Norden in Purpur gekleidet, während die lange Linie der dazwischen liegenden Wälder, die Fläche über die wir schritten, und der Berghang, von dem wir eingeschlossen waren, mit eben so lebhaftem Grün prangte.

Als wir die Höhe des ersten Abhanges erreicht hatten, war die Ansicht des Kraters und seiner Umgebung so außerordentlich schön, daß ich, obgleich der größte Theil der Gesellschaft mir voraus war, zurückblieb, um die Umrisse derselben zu zeichnen. Um 12 Uhr erreichten wir schon die Hütten, welche in der Mitte des Weges vom Vulkan nach dem Hafen errichtet war. Hier beschlossen wir, die Nacht zuzubringen. Nach dem Mittagmahl führten die Eingebornen einen Tanz auf, worauf wir uns zurückzogen um auszuruhen. Am folgenden Morgen brachen wir vor Tagesanbruch auf und erreichten um 1 Uhr den Hafen.

(The Edinburgh new philos. Journal.)


Erinnerungen aus Italien.

Von einem englischen Gentleman.

(Fortsetzung.)

Signora D. war Wittwe eines Generals, und hatte in großem Ansehen gestanden, so lange militärischer Ruhm im Lande noch einiges Gewicht verlieh. Aber diese Zeit war vorüber; „die Waffen wichen der Toga,“ und so flößte die Wittwe eines Kriegers kein Interesse mehr ein. Da sie indessen gut erzogen, und sehr gebildet war, so machte sie ihr Haus zum Mittelpunkte der Studien, denen sich die Alterthumsforscher Roms widmen, und wurde ihnen das, was Signora Tamburini den Hellenisten von Florenz ist. Bald sammelten sich alle gelehrten Advokaten und Mediziner um sie, die, ein untrügliches Orakel, die Schiedsrichterin in den sublimsten archäologischen Disputen wurde. Der Ruhm ihrer Jugend ward, als sie älter wurde, zur Mode. La Casa D., das älterliche Haus ihres verstorbenen Gatten, lag in der Nähe des Pantheons; aber wie sollte sie in einem Volksquartiere wohnen können? In Rom, wo der Adel keine Ansprüche macht, hat dagegen der Mittelstand die Sucht, sich unter den Adel zu mischen. Alle Klassen suchen einander gleichsam einzuholen; jede strebt darnach, sich auf eine, wo möglich einige Linien höhere Stufe zu stellen, als die ist, wozu sie gehört. Manche Hochadeliche überlassen, von Finanznöthen gedrückt, ihre prachtvollen Wohnungen bürgerlichen Miethsleuten, und diese ziehen ein Logis in einem Palais, und wäre es auch im vierten Stock, einem bequemen Hause in einem bürgerlichen Stadttheile vor. Die Mediziner wählen sich ihre Wohnungen in der Nähe der Sapienza, die so weit als möglich von den Hospitälern entfernt ist, welche sie versehen müssen. Die Advokaten verschmähen die antiken Alleen, welche die Curia Innocenziana umgeben, um beim Corso wohnen zu können. Alle Stockwerke dieser alten Gebäude, oft die einzige Resource ihrer adelichen Eigenthümer, sind der bürgerlichen Eitelkeit überantwortet, welche die ihnen anhängende Würde usurpirt. Diese Emigration in Masse des die Paläste in Beschlag nehmenden römischen Bürgerstandes, giebt Rom ein höchst sonderbares Aussehen. Unter prachtvollen Kolonnaden erblickt man einen Kramladen; am Ende eines dunklen Ganges, oder in einem Entresol führt ein enger, schmutziger Eingang zum Herrn des Hauses, der dort in der traurigsten Zurückgezogenheit lebt. Im ersten Stock ein reicher Bürger, der den Herrn spielt; im zweiten ein Künstler; im dritten un avocato; im vierten ein Gelehrter, lauter Signori illustrissimi, alle unbekannt dem Eigenthümer, den auch sie nur dem Namen nach kennen. So werden die bürgerlichen Geschlechter in den Palästen der Principi geboren, so leben und sterben sie darin, und das sic vos non nobis wäre die passendste Inschrift dieser hohen Gebäude.

So fällt in diesem Rom, dem Vaterlande der Ruinen, der Adel selbst in Trümmer, und die Eitelkeit des Bürgers, die feierliche Würde des Patriziers nachahmend, leiht dem Gesammtanblick dieser im Verfall befindlichen Gesellschaft einen, für den Beobachter nicht unergetzlichen Anstrich ernsthafter Carricatur. So hatte denn auch Signora D., mit dem Strome schwimmend, ihre einsame, stille Wohnung gegen drei oder vier Piecen in der Nähe des Corso vertauscht, ungeachtet die lärmende Menge, die sich in diesem Stadttheile beständig durch einander drängt, ihnen gelehrten Beschäftigungen wenig günstig war. Sie hatte hierin dem Wunsch ihrer, gleich ihr gelehrten, aber mehr vergnügungssüchtigen Töchter nachgegeben, und ihre kleine Akademie in das Quartier à la Mode verlegt.

(Fortsetzung folgt.)
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_110a.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)