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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

und ließ alle Sterndeuter und Weisen zusammen rufen, daß sie es ihm deuteten; aber sie konnten dieß nicht. In den beiden folgenden Nächten wiederholte sich die Erscheinung und er hörte dieselben Worte. Der Monarch verlor alle seine Heiterkeit und bedrohte das Haupt der Sterndeuter und die andern Sterndeuter mit dem Tod, wenn sie ihm nicht vor dem Abend desselben Tags die Angst von seiner Seele nähmen. Mitten unter den Vorbereitungen zu ihrer Hinrichtung langten Eilboten aus Mesched an, und der Weßir eilte mit den Briefen zum König: „Möge in die Seele der Zuflucht der Welt die Ruhe kehren: der Traum unsers Monarchen ist ausgelegt. Abdolla von Khorassan, ein unwissender und armer, aber frommer und mildthätiger Mann, den die Vorsehung zum Werkzeug der Entdeckung der Schätze Khusrus erkor, ist der angedeutete Freund des heiligen Imam Mehdi, der ihn der Gnade des Königs der Könige empfiehlt.“

Schah Abbas, war voll Freude über die Nachricht, die man aus Mesched schrieb, sein Geist lebte wieder auf, und er gab Befehl allen seinen Edeln und seinem ganzen Heere, mit ihm zu ziehen eine Tagreise von Isfahan, um den Freund des heiligen Imam zu begrüßen. Als dem König angesagt wurde, daß der Zug von Mesched anrücke, so ging er aus seinem Zelte demselben einige Schritte entgegen. Zuerst erschienen hundert Reiter; darauf Abdolla, mit gebundenen Armen auf einem Kameel; hinter ihm auf zwei anderen Kameelen, seine Frau mit ihren Kindern. Auf die Gefangenen folgten die Schätze; hundert Reiter deckten die Seiten und zwei hundert schlossen den Zug. Schah Abbas ließ die Kameele, welche Abdolla und seine Familie trugen, niederknien und half mit seinen königlichen Händen die Bande des guten Mannes zerschneiden, während die Andern sein Weib und seine Kinder losbanden. Eines von des Königs eigenen Gewändern wurde Abdolla angezogen und der Monarch stellte ihm einen Sitz neben seinen Thron; aber ehe Abdolla sich niedersetzte, richtete er folgende Anrede an Seine Majestät: „O König der Welt, ich bin ein armer Mann, aber ich war zufrieden mit meinem Loos und glücklich in meiner Familie, bis ich den Reichthum kennen lernte. Von diesem Tag an, war mein Leben eine Folge von Leiden; Thorheit und Ehrgeiz unterhielten Wünsche in mir, die außer meiner Sphäre lagen, und ich habe über die, so ich liebte, Jammer und Ungemach gebracht. Nun da mein Tod nahe ist, und es Eurer Majestät gefällt, Eurem Sklaven im Scherz noch eine Ehre zu erweisen, so fühle ich mich glücklich, wenn Eure königliche Huld das Leben meines Weibes und meiner Kinder schont. Laß sie in Frieden und Unschuld in ihr Thal zurückkehren und verfahre mit mir nach deinem königlichen Wohlgefallen.“

Diese Worte hatte Abdolla gesprochen, da übermannten ihn seine Gefühle und er brach in Thränen aus. Abbas selbst war sehr gerührt. „Guter Mann,“ sagte er, „ich will dich ehren, nicht tödten. Dein demüthiges und aufrichtiges Gebet und deine milden Gaben auf dem Schrein des heiligen Mehdi haben Wohlgefallen bei ihm gefunden. Er befiehlt mir, dir Gutes zu erweisen. Du sollst einige Tage in meiner Hauptstadt zu bringen, dich von deinen überstandenen Mühseligkeiten erholen und als Statthalter in die Provinz zurück kehren, wo du Gefangener warst. Ein weiser Minister, der die Formen des Dienstes kennt, begleitet dich; ich finde jedoch in deiner Frömmigkeit und Rechtschaffenheit alle Eigenschaften, die dich zu dem Amte des Herrschens über Andere geschickt machen. Die gute Frau Ziba hat bereits das ängstlich erwartete seidene Kleid empfangen und es soll meine Sorge seyn, fuhr der gnädige Monarch lächelnd fort, daß Jusuf sein Pferd und seinen Säbel, und die kleine Fatima ihr Halstuch und ihre Goldschuhe empfängt.“

Die Weise und die Rede des Königs entfernte alle Besorgnisse Abdolla’s und erfüllte sein Herz mit grenzenloser Freude. Er wurde zum Statthalter von Khorassan ernannt, wo er den Ruhm der Menschlichkeit und Gerechtigkeit erwarb. Er verschönerte und bereicherte den Schrein des heiligen Imam. Jusuf wurde ein Günstling des Monarchen und zeichnete sich als geschickter Reiter und tapferer Krieger aus. Fatima heirathete einen der Fürsten des Landes und die gute Ziba hatte die Freude, ihr Lebenlang die einzige Herrin im Hause zu seyn, und das ungetheilte Herz ihres Gatten zu besitzen, welcher in seinem Palaste fortfuhr, die zu lieben, deren Liebe das Glück seiner Hütte gewesen war.

(Fortsetzung folgt.)


Gesetz gegen zänkische Weiber.

(vorerst unberücksichtigt)

Empfohlene Zitierweise:
Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_0817.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)