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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

setzte sie lächelnd hinzu, „hast du dich mit den Sachen nicht selbst beschwert, sondern einen Diener gedungen, der das Pferd und die übrigen Geschenke bringt. Geduld, meine Kinder, wir werden in wenigen Augenblicken Alles sehen.“ Abdolla schüttelte den Kopf, aber er mochte nicht sprechen, ehe sie in die Wohnung traten. Hier setzte er sich auf seine grobe Matte und fing an, alle seine Abentheuer vom ersten bis zum letzten Akte zu erzählen. Ziba, die etwas Mehr von der Welt wußte, als ihr Mann, machte ihm Vorwürfe über seinen Unverstand, das Geld, welches er der Freigebigkeit des Reis verdankte, so wegzuwerfen und ging hin und erzählte dem Reis die ganze Begebenheit. Dieser wurde sehr zornig und schickte nach Abdolla, daß er zu ihm komme: „Was hast du getrieben, Dummkopf?“ fuhr er ihn an; „Ich, der ich ein Mann von Vermögen bin, gebe diesen lumpigen Landstreichern nie mehr als eine Kupfermünze, und du giebst einem von ihnen acht Piaster. – Aber er versprach dir’s hundertfältig zurück. Das soll dir werden. Holla, Knechte, faßt den Burschen und gebt ihm hundert Prügel!“ Der Befehl war nicht so bald ertheilt, als er ausgeführt wurde, und als der arme Abdolla in der Nacht auf den Tag, der noch auf seinen Reichthum geschienen hatte, heimkam, da war er wund geschlagen, ohne einen Heller in der Tasche, mißvergnügt über Seidenkrämer, Pferdenhändler, Messerschmide, Schuster, Bettler, Gutsherrn, Weiber, über sich selbst und die ganze Welt.

Am nächsten Morgen wurde er mit der Nachricht geweckt, daß der Reis nach ihm geschickt habe. Ehe er ging, verzieh er seinem Weib, die sehr bekümmert war, daß sie ihren Mann durch ihre Unvorsichtigkeit in Strafe gebracht hatte. Er küßte auch seine Kinder und hieß sie guten Muths seyn, denn er wolle mit Gottes Hülfe seinen Fehler schon wieder gut machen. Als er zu dem Reis kam, sagte dieser: „Ich habe für dich ein Geschäft, Abdolla, das dich zur Besinnung bringen muß. Ich will in diesem dürren Boden nach Wasser graben lassen: du gräbst also so lange fort, bis du welches findest.“ Mit diesen Worten überließ er den Mann seinem Nachdenken und seiner harten Arbeit. An den zwei ersten Tagen machte die Arbeit nur geringe Fortschritte; als am dritten das Loch ungefähr sechs Ellen tief war, stieß er auf ein ehernes Gefäß, darin lagen eine Menge runde weiße Stein, die ungemein lieblich und schön glänzten. Er suchte einen mit den Zähnen zu zerbrechen, aber es gelang ihm nicht. „Wohl,“ sagte er, das sind Reiskörner, die dem Gutsherrn gehört haben und in Steine verwandelt worden sind; ich will sie nach Haus nehmen; sie sind gar zu niedlich; – jetzt besinn ich mich, daß ich einige ganz ähnliche in Mesched feil sah.“ – „Was kann das seyn?“ sagte er, als er einen neuen Topf aus der Erde hervorzog. „Oho! das müssen Weizenkörner seyn, denn sie sind dunkler – aber sie sind recht schön; und hier – diese schimmernden Glasstücke sind noch schmucker, als Alles; ich will probiren, ob es Glas ist,“ und er legte eines zwischen zwei Steine, konnte es jedoch nicht zerbrechen.

Vergnügt über seinen Fund, grub er Alles sorgfältig aus, was er finden konnte, steckte es in einen Sack und verbarg es vor seinem Weib. Sein Plan war, von seinem Herrn einen Tag Urlaub zu erhalten und wieder nach Mesched zu gehen, wo er aus den artigen bunten Steinen so viel Geld zu lösen hoffte, um das seidene Kleid, das Pferd, den Säbel, die Pantoffeln und das Halstuch zu bezahlen. Er dachte mit Lust an die Ueberraschung seiner Lieben, wenn er nun zu Pferd heimkäme und ihnen die schönen Sachen zeigte. Er vergaß übrigens das Fünftheil, das dem Imam Mehdi gebührte, keineswegs in seinem Traum.

Nach einigen Wochen harter Arbeit fand sich das Wasser. Der Reis, der in guter Laune war, bewilligte den Urlaub. Abdolla brach vor Tag auf, daß Niemand den Sack sähe, den er trug. In der Nähe der Stadt angekommen, verbarg er ihn auf einem Baum, nachdem er erst etliche Handvoll Steine herausgenommen hatte, um zu versuchen, was sich damit erhandeln lasse. Er ging an eine Bude, wo er einige Steine sah, die den seinigen glichen. Er fragte den Mann, ob er mehr dergleichen möchte? „Allerdings,“ sagte der Juwelier, „hast du einen zu verkaufen?“ „Einen! – Ich habe eine Menge.“ „Eine Menge?“ versetzte der Mann. „Ja einen Sack voll.“ „Wahrscheinlich lauter Kiesel; zeig her!“ „Hier,“ sagte Abdolla, indem er eine ganze Handvoll heraus nahm und dem erstaunten Juwelier hinhielt. „Willst Du einige Augenblicke warten, ehrlicher Mann,“ sagte er mit bebender Stimme; „ich bin im Augenblick wieder da.“ Mit diesen Worten verließ er seine Bude und in einigen Minuten erschien er, aber nicht allein, sondern mit dem Oberbeamten.

„Hier ist der Mann,“ sagte er; „er hat den längst verlorenen Schatz Khusrus gefunden; seine Taschen sind mit Diamanten, Rubinen, Perlen, kostbarer und schöner, als sie irgend wo existiren, angefüllt; er sagt, er habe so einen Sack voll.“ Abdolla wurde mit den Juwelen, die er bei sich trug, und mit dem Sack, den man von dem Baum holte, vor den Statthalter gebracht, und aufs Strengste ausgeforscht. Er erzählte seine ganze Geschichte von den zehn Piastern an, die ihm der Reis schenkte, bis zu dem Plan, den er mit den niedlichen Steinen vorhatte. Aber obgleich seine Erzählung nicht nur an sich schon durch ihre Klarheit und Einfachheit den Stempel der Wahrheit an sich trug, sondern noch überdieß seine Frau und seine Kinder sie bestätigten, so wurde ihm doch wenige Tage nachher angekündigt, daß er mit seiner ganzen Familie nach Isfahan abgeschickt werden sollte. Denn gleich bei der Entdeckung des Schatzes hatte man die Minister des großen Abbas davon benachrichtigt.

Während dieser Vorfälle in Mesched begaben sich außerordentliche Dinge in Isfahan. Schah Abbas, der Große, hatte einen Traum; der heilige Imam Mehdi erschien ihm in einem grünen Gewande, der Heilige sah den Monarchen ernst an und sprach: „Abbas schütze meinen Freund.“ Der König war über das Gesicht sehr betroffen

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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 787. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_0816.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)