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Das Ausland. 1,2.1828


Gnade ihm Zelte zukommen zu lassen. Er war fast ohne Gepäck angekommen, blos mit den Chapparis, den Postpferden des Landes. Uebrigens war es ein sehr gewandter, höchst verständiger Mann, ein wahrer Gentleman in seinem Benehmen. Es war nicht seine, sondern seiner Regierung Schuld, daß er so schlecht zu seiner Gesandschaft ausgerüstet worden.“ Nachdem er seinem Unwillen gegen die Russen freien Lauf gelassen hatte, gefiel er sich darin, Anekdoten aus seinem eigenen Leben zu erzählen. Bekanntlich hatten in London die Damen es sich sehr angelegen seyn lassen, ihm Besuche abzustatten. Eines Tages kam eine Lady in Begleitung eines sehr schönen Kammermädchens, um ihn zu sehen. Mirza, der ihr die größte Aufmerksamkeit bezeugte, konnte sich doch nicht enthalten, hinter ihrem Rücken auch der reizenden Begleiterin den Hof zu machen. Unglücklicherweise gewahrte es die Dame, ergriff in höchster Wuth den Fliegenwedel, zerschlug das Glas- und Porzellanwerk des Zimmers, das sie endlich, den Perser mit Schimpfworten überhäufend, verließ.

(Schluß folgt.)

Ueber den Ursprung und Fortgang der im innern Asien gegen die chinesische Regierung ausgebrochenen Revolution.
(Schluß.)

Indessen war das Heer der Aufrührer von Chotan aus gegen die andern, nördlicher gelegenen Städte der kleinen Bucharei aufgebrochen, und hatte sich auf seinem Zuge dahin so verstärkt, daß die chinesischen Berichte seine Anzahl weit über 100,000 Bewaffnete angaben. Bei Gaschcha, zwischen Turfan und Kutsché, theilte sich diese Macht. Die eine Hälfte ging den Belagerern von Kaschkar nach Westen zu Hülfe, die andere wendete sich gegen Norden, brach durch die Pässe des Himmelsgebirges, eroberte die Festung Tschang ki hian, im Departement von Ty hua tscheu, wodurch die Haupt-Kommunikation zwischen dem Gouvernement von Ili und dem eigentlichen China abgeschnitten wurde.

Von Ili aus waren indessen der General King tsiang mit neuen Verstärkungen nach Kaschkar abgegangen, und übernahm bei seiner Ankunft daselbst den Oberbefehl gegen die in der Nähe stehenden Rebellen unter Dschanggar, dessen Heer noch durch die Pe mao hoei tsu, oder weiße Turbane tragende Mohammedaner der Umgegend, ansehnlich vergrößert worden war. Die Belagerer rückten der Stadt immer näher, schlossen sie enger ein, und drangen endlich in dieselbe durch einen verdeckten Gang, in dem Augenblicke, als King tsiang, von Lebensmitteln und Ammunition entblößt, einen verzweifelten Ausfall gewagt hatte. Er und seine Truppen fielen mit den Waffen in der Hand.

Einen eben so glücklichen Erfolg hatten die Unternehmungen der Rebellen in Nordosten, wo sie Tschang ki hian eingenommen hatten, indem sie von dort aus gegen Ili vordrangen.

Um die Verbindung zwischen beiden Armeen zu erhalten, hatte Dschanggar, noch vor der Eroberung von Kaschkar, eine starke Truppenabtheilung gegen Aksu gesendet, um sich dieses Ortes, nach Kaschkar des größten und festesten in der kleinen Bucharei zu bemeistern. Der Erfolg entsprach aber seinen Erwartungen nicht, denn dieses Corps ward am 10. November von den kaiserlichen Truppen, bei dem Uebergang über einen Fluß, mit Vortheil angegriffen, und, obgleich sich bei demselben viele mit Feuergewehr bewaffnete Schützen gefanden, von den mandschuischen und mongolischen, nur Pfeile und Bogen führenden Truppen gänzlich aufgerieben. Der Anführer der Mohammedaner blieb auf dem Schlachtfelde; die wenigen der Seinigen, welche sich durch die Flucht zu retten suchten, wurden eingeholt, gefangen, und zum warnenden Beispiel aufgeknüpft. Eine bedeutende Menge von Flinten und Waffen aller Art fiel in die Hände der Sieger.

Dieser und wenige andere waren die einzigen wesentlichen Vortheile, welche die Chinesen in dem Feldzuge von 1826 über die Rebellen davon trugen. Ihre Schwäche erlaubte es ihnen nicht, sich mit den Mohammedanern, deren Anzahl täglich wuchs, zu messen; und wenn sie es versuchten, so war gewöhnlich eine Niederlage die Folge ihrer Verwegenheit.

Die schnell auf einander folgenden Nachrichten von so vielen Unglücksfällen erregten am Hofe von Peking eine um so größere Bestürzung, als derselbe eben mit der Beendigung einer andern Revolution zu thun hatte, die in der Provinz Kan sü, der nordwestlichsten des eigentlichsten China’s, ausgebrochen war, und die mit der in der kleinen Bucharei im Zusammenhang zu stehen schien, weil sie ebenfalls von Mohammedanern ausging. Das chinesische Ministerium verlor jedoch den Muth nicht, sondern entwickelte eine seltene Thätigkeit und ergriff die schnellsten und nachdrücklichsten Maßregeln.

Alles, was man an Truppen in der Provinz Kan für, die dem Kriegsschauplatz am nächsten lag, entbehren konnte, ward in Eilmärschen dahin abgesendet, und noch im Jahre 1826 eilten 20,000 Mann den von den Rebellen hart bedrängten chinesischen Heeresabtheilungen zu Hülfe. Der herannahende Winter, während welchem die Kriegsoperationen in den Gebirgsgegenden des mittlern Asiens höchst schwierig werden, gab dem Hofe Zeit, in den nördlichen Provinzen des eigentlichen China’s eine furchtbare Macht zusammen zu bringen, die mit alten Kerntruppen aus dem Lande der Mandschu und der Mongolei verstärkt wurde. Tschang ling, Kriegsgouverneur von Ili, ward zum Ober-Anführer ernannt, und die verschiedenen Armeecorps, welche das ihm untergebene Heer bilden sollten, erhielten die Anweisung, sich aufs Schleunigste nach dem allgemeinen

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_037.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)