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angenommen, wie bei den domesticirten Tauben. Es werden hier fast die nämlichen Regeln wie bei der Classification der Arten befolgt. Manche Schriftsteller sind auf der Nothwendigkeit bestanden, die Varietäten nach einem natürlichen statt künstlichen Systeme zu classificiren; wir werden z. B. gewarnt, nicht zwei Ananasvarietäten zusammenzuordnen, bloß weil ihre Frucht, obgleich der wesentlichste Theil, zufällig nahezu übereinstimmt. Niemand stellt die schwedischen mit den gemeinen Rüben zusammen, obwohl deren verdickter eßbarer Stiel so ähnlich ist. Der beständigste Theil, welcher es immer sein mag, wird zur Classification der Varietäten benützt; so sagt der große Landwirth Marshall, die Hörner des Rindviehs seien für diesen Zweck sehr nützlich, weil sie weniger als die Form und Farbe des Körpers veränderlich sind u. s. f., während sie bei den Schafen ihrer Veränderlichkeit wegen viel weniger brauchbar sind. Ich stelle mir vor, daß, wenn man einen wirklichen Stammbaum hätte, eine genealogische Classification der Varietäten allgemein vorgezogen werden würde, und einige Autoren haben in der That eine solche versucht. Denn, mag ihre Abänderung groß oder klein sein, so werden wir uns doch überzeugt halten können, daß das Vererbungsprincip diejenigen Formen zusammenhalte, welche in den meisten Beziehungen mit einander verwandt sind. So werden alle Purzeltauben, obschon einige Untervarietäten in dem wichtigen Merkmal, der Länge des Schnabels, weit von einander abweichen, doch durch die gemeinsame Sitte zu purzeln unter sich zusammengehalten, aber die kurzschnäbelige Zucht hat diese Gewohnheit beinahe oder vollständig abgelegt. Demungeachtet hält man diese Purzler, ohne über die Sache nachzudenken oder zu urtheilen, in einer Gruppe beisammen, weil sie einander durch Abstammung verwandt und in manchen andern Beziehungen ähnlich sind.

Was dann die Arten in ihrem Naturzustande betrifft, so hat jeder Naturforscher die Abstammung bei der Classification factisch mit in Betracht gezogen, indem er in seine unterste Gruppe, die Species nämlich, beide Geschlechter aufnahm, und wie ungeheuer diese zuweilen sogar in den wesentlichsten Characteren von einander abweichen, ist jedem Naturforscher bekannt; so haben erwachsene Männchen und Hermaphroditen gewisser Cirripeden kaum ein Merkmal mit einander gemein, und doch denkt Niemand daran sie zu trennen. Sobald man wahrnahm, daß drei ehedem als eben so viele Gattungen aufgeführte Orchideenformen, Monachanthus, Myanthus und Catasetum, zuweilen

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/513&oldid=- (Version vom 31.7.2018)