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tertiärer nahe verwandter Arten an den östlichen und westlichen Küsten des gemäßigteren Theiles von Nord-America begreifen, sowie die bei weitem auffallendere Erscheinung des Vorkommens vieler nahe verwandter Kruster (in Dana’s ausgezeichnetem Werke beschrieben), einiger Fische und anderer Seethiere im Japanesischen und im Mittelmeer, in Gegenden mithin, welche jetzt durch einen ganzen Continent und eine weite Strecke des Oceans von einander getrennt sind.

Diese Fälle von naher Verwandtschaft vieler Arten, welche die Meere an der Ost- und Westküste Nord-America’s, das mittelländische und japanesische Meer, und die gemäßigten Länder Nord-America’s und Europa’s früher bewohnten oder jetzt bewohnen, sind nach der Schöpfungstheorie unerklärbar. Wir können nicht sagen, sie seien ähnlich erschaffen in Übereinstimmung mit den ähnlichen Naturbedingungen der beiderlei Gegenden; denn wenn wir z. B. gewisse Theile Süd-America’s mit Theilen von Süd-Africa oder Australien vergleichen, so finden wir Länderstriche, die sich hinsichtlich aller ihrer physikalischen Bedingungen einander genau entsprechen, aber in ihren Bewohnern sich völlig unähnlich sind.


Abwechselnder Eintritt der Eiszeit im Norden und Süden.

Wir müssen jedoch zu unsrem Gegenstande zurückkehren. Ich bin überzeugt, daß Edw. Forbes’ Theorie einer großen Erweiterung fähig ist. In Europa haben wir die deutlichsten Beweise der Eiszeit von den Westküsten Groß-Britaniens bis zur Uralkette und südwärts bis zu den Pyrenäen. Aus den im Eise eingefrorenen Säugethieren und der Beschaffenheit der Gebirgsvegetationen können wir schließen, daß Sibirien auf ähnliche Weise betroffen wurde. Im Libanon bedeckte früher, nach Dr. Hooker, ewiger Schnee die centrale Axe und speiste Gletscher, welche in seine Thäler 4000 Fuß sich hinabsenkten. Derselbe Beobachter hat neuerdings auf der Atlas-Kette in Nord-Africa auf geringen Höhen große Moränen gefunden. Längs des Himalaya’s haben Gletscher an 900 engl. Meilen von einander entlegenen Punkten Spuren ihrer ehemaligen weiten Erstreckung nach der Tiefe hinterlassen und in Sikkim sah Dr. Hooker Mais auf alten Riesenmoränen wachsen. Südlich vom großen asiatischen Continent auf der entgegengesetzten Seite des Äquators erstreckten sich, wie wir jetzt aus den ausgezeichneten Untersuchungen der Herren J. Haast und Hector wissen, enorme Gletscher in Neuseeland tief herab; und

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/466&oldid=- (Version vom 31.7.2018)