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unter einander und mit den noch lebenden in zufriedenstellender Weise zu erklären. Nach jeder andern Betrachtungsweise sind sie völlig unerklärbar.

Aus der nämlichen Theorie erhellt, daß die Fauna einer jeden großen Periode in der Erdgeschichte in ihrem allgemeinen Character das Mittel halten müsse zwischen der zunächst vorangehenden und der ihr nachfolgenden. So sind die Arten, welche auf der sechsten großen Descendenzstufe unseres Schema’s vorkommen, die abgeänderten Nachkommen derjenigen, welche schon auf der fünften vorhanden gewesen, und sind die Eltern der in der siebenten noch weiter abgeänderten; sie können daher nicht wohl anders als nahezu intermediär im Character zwischen den Lebensformen darunter und darüber sein. Wir müssen jedoch hierbei das gänzliche Erlöschen einiger früheren Formen und in einem jeden Gebiete die Einwanderung neuer Formen aus andern Gegenden und die beträchtliche Umänderung der Formen während der langen Lücke zwischen zwei aufeinander folgenden Formationen mit in Betracht ziehen. Diese Zugeständnisse berücksichtigt, muß die Fauna jeder großen geologischen Periode zweifelsohne das Mittel einnehmen zwischen der vorhergehenden und der folgenden. Ich brauche nur als Beispiel anzuführen, wie die Fossilreste des devonischen Systems sofort nach Entdeckung desselben von den Paläontologen als intermediär zwischen denen des darunterliegenden Silur- und des darauffolgenden Steinkohlensystemes erkannt wurden. Aber eine jede Fauna muß dieses Mittel nicht nothwendig genau einhalten, weil die zwischen aufeinander folgenden Formationen verflossenen Zeiträume ungleich lang gewesen sind.

Es ist kein wesentlicher Einwand gegen die Wahrheit der Behauptung, daß die Fauna jeder Periode im Ganzen genommen ungefähr das Mittel zwischen der vorigen und der folgenden Fauna halten müsse, darin zu finden, daß gewisse Gattungen Ausnahmen von dieser Regel bilden. So stimmen z. B., wenn man Mastodonten und Elephanten nach Dr. Falconer zuerst nach ihrer gegenseitigen Verwandtschaft und dann nach ihrer geologischen Aufeinanderfolge in zwei Reinen ordnet, beide Reihen nicht mit einander überein. Die in ihren Characteren am weitesten abweichenden Arten sind weder die ältesten noch die jüngsten, noch sind die von mittlerem Character auch von mittlerem Alter. Nehmen wir aber für einen Augenblick an, unsere Kenntnisse von den Zeitpunkten des Erscheinens und Verschwindens

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/429&oldid=- (Version vom 31.7.2018)