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sein, und die in Abänderung begriffenen Species müßten während der ganzen Zeit in demselben District gelebt haben. Wir haben jedoch gesehen, daß eine mächtige, organische Reste in ihrer ganzen Dicke enthaltende Schichte sich nur während einer Periode der Senkung ansammeln kann; damit nun die Tiefe annähernd dieselbe bleibe, was nothwendig ist, damit dieselben marinen Arten fortdauernd an derselben Stelle wohnen können, wäre ferner nothwendig, daß die Zufuhr von Sedimenten die Senkung fortwährend wieder ausgliche. Aber eben diese senkende Bewegung wird oft auch die Nachbargegend mit berühren, aus welcher jene Zufuhr erfolgt, und eben dadurch die Zufuhr selbst vermindern, während die Senkung fortschreitet. Eine solche nahezu genaue Ausgleichung zwischen der Stärke der stattfindenden Senkung und dem Betrag der zugeführten Sedimente mag in der That wahrscheinlich nur selten vorkommen; denn mehr als ein Paläontolog hat beobachtet, daß sehr dicke Ablagerungen, außer an ihren oberen und unteren Grenzen gewöhnlich leer an Versteinerungen sind.

Es möchte scheinen, als sei die Bildung einer jeden einzelnen Formation eben so, wie die der ganzen Formationsreihe eines jeden Landes, meist mit Unterbrechung vor sich gegangen. Wenn wir, wie es so oft der Fall ist, eine Formation aus Schichten von sehr verschiedener mineralogischer Beschaffenheit zusammengesetzt sehen, so können wir vernünftigerweise vermuthen, daß der Ablagerungsproceß mehr oder weniger unterbrochen gewesen sei. Nun wird auch die genaueste Untersuchung einer Formation uns keine Idee von der Länge der Zeit geben, welche über ihrer Ablagerung vergangen ist. Man könnte viele Beispiele anführen, wo einzelne nur wenige Fuß dicke Schichten ganze Formationen vertreten, die in anderen Gegenden tausende von Fußen mächtig sind und mithin eine ungeheure Länge der Zeit zu ihrer Bildung bedurft haben; und doch würde Niemand, der dies nicht weiß, auch nur geahnt haben, welch’ einen unermeßlichen Zeitraum jene dünne Schicht repräsentirt. So ließen sich auch viele Fälle anführen, wo die untern Schichten einer Formation emporgehoben, entblößt, wieder versenkt und dann von den obern Schichten der nämlichen Formation wieder bedeckt worden sind, – Thatsachen, welche beweisen, daß weite, aber leicht zu übersehende Zwischenräume während der Ablagerung vorhanden gewesen sind. In andern Fällen liefert uns eine Anzahl großer fossilisirter und noch auf ihrem natürlichen

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/392&oldid=- (Version vom 31.7.2018)