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Bienenkorbe verbraucht werden, daher eine überschwängliche Menge flüssigen Nectars eingesammelt und von den Bienen eines Stockes verzehrt werden muß, um das zur Erbauung ihrer Waben nöthige Wachs zu erhalten. Überdies muß eine große Anzahl Bienen während des Secretionsprocesses viele Tage lang unbeschäftigt bleiben. Ein großer Honigvorrath ist ferner nöthig für den Unterhalt eines starken Stockes über Winter, und es ist bekannt, daß die Sicherheit desselben hauptsächlich gerade von der Größe der Bienenzahl abhängt. Daher muß eine Ersparnis von Wachs, da sie eine große Ersparnis von Honig und von Zeit, auf das Einsammeln des Honigs verwandt, in sich schließt, eine wesentliche Bedingnis des Gedeihens einer Bienenfamilie sein. Natürlich kann der Erfolg der Bienenart von der Zahl ihrer Parasiten und andrer Feinde oder von ganz andern Ursachen abhängen und insofern von der Menge des Honigs unabhängig sein, welche die Bienen einsammeln können. Nehmen wir aber an, dieser letztere Umstand bedinge wirklich, wie es wahrscheinlich oft der Fall ist, die Menge von, unsern Hummeln verwandten Bienen in einer Gegend: und nehmen wir ferner an, die Colonie durchlebe den Winter und verlange mithin einen Honigvorrath, so wäre es in diesem Falle für unsere Hummeln ohne Zweifel ein Vortheil, wenn eine geringere Veränderung ihres Instinctes sie veranlaßte, ihre Wachszellen etwas näher an einander zu machen, so daß sich deren kreisrunde Wände etwas schnitten; denn eine jede auch nur zwei aneinanderstoßenden Zellen gemeinsam dienende Zwischenwand müßte etwas Wachs und Arbeit ersparen. Es würde daher ein zunehmender Vortheil für unsre Hummeln sein, wenn sie ihre Zellen immer regelmäßiger machten, immer näher zusammenrückten und immer mehr zu einer Masse vereinigten, wie Melipona, weil alsdann ein großer Theil der eine jede Zelle begrenzenden Wand auch andern Zellen zur Begrenzung dienen und viel Wachs und Arbeit erspart werden würde. Aus gleichem Grunde würde es ferner für die Melipona vortheilhaft sein, wenn sie ihre Zellen näher zusammenrückte und in jeder Weise regelmäßiger als jetzt machte, weil dann, wie wir gesehen haben, die sphärischen Oberflächen gänzlich verschwinden und durch ebene Flächen ersetzt werden würden, wo dann die Melipona eine so vollkommene Wabe als die Honigbiene liefern würde. Aber über diese Stufe hinaus kann natürliche Zuchtwahl den Bautrieb nicht mehr vervollkommnen, weil die Wabe der Honigbiene, so viel wir einsehen können,

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/325&oldid=- (Version vom 31.7.2018)