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über diesen Gegenstand verdanke, theilt mir mit, daß es andere Seesterne gibt, bei denen der eine der drei Zangenarme zu einer Stütze für die beiden andern reducirt ist, und ferner, daß es noch andere Gattungen gibt, bei denen dieser dritte Arm vollständig verloren gegangen ist. Bei Echinoneus trägt die Schale nach der Beschreibung Perrier’s zwei Arten von Pedicellarien, die eine gleicht denen von Echinus, die andere denen von Spatangus; und solche Fälle sind immer interessant, da sie die Mittel zur Erklärung von scheinbar plötzlichen Übergängen durch Abortion eines oder zweier Zustände eines Organs darbieten.

Was die einzelnen Stufen betrifft, durch welche diese merkwürdigen Organe entwickelt worden sind, so schließt Mr. Agassiz aus seinen Untersuchungen und denen Joh. Müller’s, daß sowohl bei den Seesternen als bei den Seeigeln die Pedicellarien unzweifelhaft als modificirte Stacheln angesehen werden müssen. Dies kann aus der Art der Entwickelung bei dem Individuum ebenso wohl wie aus einer langen und vollkommenen Reihe von Abstufungen bei verschiedenen Arten und Gattungen, von einfachen Granulationen zu gewöhnlichen Stacheln und zu vollkommenen dreiarmigen Pedicellarien erschlossen werden. Die Abstufung erstreckt sich sogar bis auf die Art und Weise, in welcher gewöhnliche Stacheln und die Pedicellarien mit ihren sie stützenden kalkigen Stäbchen an der Schale articuliren. Bei gewissen Gattungen von Seesternen sind „selbst die Combinationen zu finden, welche zu dem Nachweise erforderlich sind, daß die Pedicellarien nur modificirte, verästelte Stacheln sind.“ So findet man feste Stacheln mit drei in gleicher Entfernung von einander stehenden, gezähnten, beweglichen Ästen nahe ihrer Basis eingelenkt, und weiter nach oben an demselben Stachel drei fernere bewegliche Äste. Wenn nun die letzteren von der Spitze eines Stachels entspringen, so bilden sie in der That eine rohe dreiarmige Pedicellarie und solche kann man an einem und demselben Stachel mit den drei untern Ästen sehen. In diesem Falle ist die Identität dem Wesen nach zwischen den Armen einer Pedicellarie und den beweglichen Ästen eines Stachels unverkennbar. Man nimmt allgemein an, daß die gewöhnlichen Stacheln als Schutzmittel dienen; und wenn dies richtig ist, so hat man keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die mit gesägten und beweglichen Armen versehenen gleicherweise demselben Zwecke dienen, und sie würden diesen Dienst noch wirksamer verrichten, sobald sie bei ihrem Zusammentreffen als prehensiler oder schnappender Apparat

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/279&oldid=- (Version vom 31.7.2018)