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zu Boden. Während sie so ruhig daliegen, drehen sie häufig, wie Malm beobachtete, das untere Auge aufwärts, um über sich zu sehen, und sie thun dies so kräftig, daß das Auge scharf gegen den obern Augenhöhlenrand gedrückt wird. Die Stirn zwischen den Augen wird in Folge dessen, wie deutlich gesehen werden konnte, zeitweise der Breite nach zusammengezogen. Bei einer Gelegenheit sah Malm einen jungen Fisch das untere Auge durch einen Winkelabstand von ungefähr siebzig Grad heben und senken.

Wir müssen uns daran erinnern, daß der Schädel in diesem frühen Alter knorplig und biegsam ist, so daß er der Muskelanstrengung leicht nachgibt. Es ist auch von höheren Thieren bekannt, daß der Schädel selbst nach der Zeit der frühesten Jugend nachgibt und in seiner Form geändert wird, wenn die Haut oder die Muskeln durch Krankheit oder irgend einen Zufall permanent contrahirt werden. Bei langohrigen Kaninchen zieht, wenn das eine Ohr nach vorn und unten herabhängt, das Gewicht desselben alle Knochen des Schädels auf dieselbe Seite, wovon ich eine Abbildung gegeben habe. Malm führt an, daß die eben ausgeschlüpften Jungen von Barschen, Lachsen und anderen symmetrischen Fischen die Gewohnheit haben, gelegentlich am Boden auf der einen Seite auszuruhen; auch hat er beobachtet, daß sie dann häufig ihre unteren Augen anstrengen, um nach oben zu sehen, und hierdurch werden ihre Schädel leicht gekrümmt. Diese Fische sind indessen bald im Stande, sich in einer senkrechten Stellung zu erhalten; es wird daher keine dauernde Wirkung hervorgebracht. Je älter dagegen die Pleuronectiden werden, desto gewöhnlicher liegen sie auf der einen Seite, in Folge der zunehmenden Plattheit ihrer Körper, und dadurch wird eine dauernde Wirkung auf die Form des Kopfes und auf die Stellung der Augen hervorgebracht. Nach Analogie zu schließen wird ohne Zweifel die Neigung zur Verdrehung durch das Princip der Vererbung vergrößert werden. Schiödte glaubt, im Gegensatz zu einigen Forschern, daß die Pleuronectiden selbst im Embryozustande nicht vollkommen symmetrisch sind; und wenn dies der Fall ist, so können wir einsehen, woher es kommt, daß gewisse Species während sie jung sind beständig auf die linke Seite herum fallen und auf dieser ruhen, andre Arten auf die rechte Seite. Malm fügt als Bestätigung der obigen Ansicht hinzu, daß der erwachsene Trachypterus arcticus, welcher nicht zu der Familie der Pleuronectiden gehört, am Boden auf seiner linken Seite ruht und diagonal durch’s

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/273&oldid=- (Version vom 31.7.2018)