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nach der südlichen Verbreitungsgrenze der Gomphia oleaeformis zu zwei Formen, von denen er anfangs nicht zweifelte, daß es distincte Arten seien, welche er aber später auf demselben Busch wachsen sah, und fügt hinzu: „Voilà donc dans un même individu des loges et un style qui se rattachent tantôt à un axe verticale et tantôt à un gynobase.“

Wir sehen hieraus, daß bei Pflanzen viele morphologische Veränderungen den Gesetzen des Wachsthums und der gegenseitigen Einwirkung der Theile, unabhängig von natürlicher Zuchtwahl, zugeschrieben werden können. Kann man aber, mit Bezug auf Nägeli’s Lehre von einer angeborenen Neigung zur Vervollkommnung oder zur progressiven Entwickelung, bei diesen scharf ausgesprochenen Abänderungen sagen, daß sie gerade im Acte des Fortschreitens nach einer höheren Stufe der Entwickelung entdeckt worden sind? Ich würde im Gegentheile aus der bloßen Thatsache, daß die in Frage stehenden Theile an einer und derselben Pflanze bedeutend verschieden sind oder variiren, folgern, daß solche Modificationen von äußerst geringer Bedeutung für die Pflanzen selbst sind, von welcher Bedeutung sie auch uns bei unserer Classification sein mögen. Von dem Erlangen eines nutzlosen Theiles kann man kaum sagen, daß es einen Organismus in der natürlichen Stufenleiter erhöhe; und was die oben beschriebenen unvollkommenen geschlossenen Blüthen betrifft, so müßte hier, wenn irgend ein neues Princip zu Hülfe genommen werden sollte, das eines Rückschrittes vielmehr eintreten, als eines Fortschrittes; dasselbe müßte man auch bei vielen parasitischen und degradirten Thieren sagen. Wir sind in Betreff der erregenden Ursache der oben speciell angegebenen Modificationen völlig unwissend; würde aber die unbekannte Ursache gleichförmig eine Zeit lang einwirken, dann könnten wir auch schließen, daß das Resultat beinahe gleichförmig sein würde; und in diesem Falle würden alle Individuen der Species in der nämlichen Weise modificirt werden.

Nach der Thatsache, daß die obigen Charactere für das Wohlbefinden der Species bedeutungslos sind, würden irgend welche unbedeutenden Abänderungen, welche an ihnen vorkämen, nicht durch natürliche Zuchtwahl gehäuft oder vergrößert worden sein. Eine Bildung, welche durch lang andauernde Zuchtwahl entwickelt worden ist, wird, wenn sie aufhört, der Art von Nutzen zu sein, allgemein variabel, wie wir es bei den rudimentären Organen sehen; denn sie wird

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/257&oldid=- (Version vom 31.7.2018)