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Grade plastisch; wir nehmen ferner an, daß diese selben Veränderungen es bewirken, daß die Zahl der Kaninchen sehr langsam ab-, die der Hasen dagegen zunimmt. Das Resultat hiervon würde das sein, daß der Fuchs oder Hund dazu getrieben würde, zu versuchen, mehr Hasen zu fangen: da indessen seine Organisation in geringem Grade plastisch ist, so werden diejenigen Individuen, welche die leichtesten Formen, die längsten Beine und das schärfste Gesicht haben, – der Unterschied mag noch so gering sein –, in geringem Maße begünstigt sein und dazu neigen, länger zu leben und während der Zeit des Jahres leben zu bleiben, in welcher die Nahrung am knappsten war; sie werden auch mehr Junge aufziehen, welchen die Tendenz innewohnt, jene unbedeutenden Eigenthümlichkeiten zu erben. Die weniger flüchtigen Individuen werden ganz sicher untergehen. Ich finde ebenso wenig Grund, daran zu zweifeln, daß diese Ursachen in tausend Generationen eine ausgesprochene Wirkung hervorbringen und die Form des Fuchses oder Hundes dem Fangen von Hasen anstatt von Kaninchen anpassen werden, wie daran, daß Windhunde durch Auswahl und sorgfältige Nachzucht veredelt werden können. Dasselbe würde auch für Pflanzen unter ähnlichen Umständen gelten. Wenn die Anzahl der Individuen einer Species mit befiedertem Samen durch ein größeres Vermögen der Verbreitung innerhalb seines eignen Gebiets vermehrt werden könnte (aber vorausgesetzt, daß die Hemmnisse der Vermehrung hauptsächlich die Samen betreffen), so würden diejenigen Samen, welche mit etwas, wenn auch noch so unbedeutend mehr Fiederung versehen wären, mit der Zeit am meisten verbreitet werden; es würde daher eine größere Zahl so gebildeter Samen keimen und würden Pflanzen hervorzubringen neigen, welche die um ein Geringes besser angepaßte Fiederkrone ihrer Samen erben.[1]

Außer diesen natürlichen Mitteln der Auslese, durch welche diejenigen Individuen entweder im Ei, oder im Larven- oder im reifen Zustande erhalten werden, welche an den Platz, welchen sie im Naturhaushalt zu füllen haben, am besten angepaßt sind, ist noch bei den meisten eingeschlechtlichen Thieren eine zweite Thätigkeit wirksam, welche dasselbe Resultat hervorzubringen strebt, nämlich der Kampf der Männchen um die Weibchen. Dieses Ringen nach dem Sieg wird


  1. Ich kann hierin keine größere Schwierigkeit finden, als darin, daß der Pflanzer seine Varietäten der Baumwollenstaude veredelt. – C. D. 1858.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)