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Wasser. Und doch kann in ihrem Bau nicht die geringste, mit so abnormer Lebensweise in Übereinstimmung zu bringende Modification nachgewiesen werden.

Wer des Glaubens ist, daß jedes Wesen so geschaffen worden sei, wie wir es jetzt erblicken, muß schon gelegentlich überrascht gewesen sein, ein Thier zu finden, dessen Organisation und Lebensweise durchaus nicht miteinander in Einklang standen. Was kann klarer sein, als daß die Füße der Enten und Gänse mit der großen Haut zwischen den Zehen zum Schwimmen gemacht sind? und doch gibt es Hochlandgänse mit solchen Schwimmfüßen, welche selten oder nie in’s Wasser gehen; — und außer Audubon hat noch Niemand den Fregattenvogel, dessen vier Zehen sämmtlich durch eine Schwimmhaut verbunden sind, sich auf den Spiegel des Meeres niederlassen sehen. Andererseits sind Lappentaucher (Podiceps) und Wasserhühner (Fulica) ausgezeichnete Wasservögel, und doch sind ihre Zehen nur mit einer Schwimmhaut gesäumt. Was scheint klarer zu sein, als daß die langen, durch keine Haut verbundenen Zehen der Sumpfvögel ihnen dazu gegeben sind, damit sie über Sumpfböden und schwimmende Wasserpflanzen hinwegschreiten können? Rohrhuhn und Landralle sind Glieder dieser Ordnung; und doch ist das Rohrhuhn (Ortygometra) fast eben so sehr Wasservogel als das Wasserhuhn, und die Landralle (Crex) fast eben so sehr Landvogel als die Wachtel oder das Feldhuhn. In solchen Fällen, und viele andere könnten noch angeführt werden, hat sich die Lebensweise geändert ohne eine entsprechende Änderung des Baues. Man kann sagen, der Schwimmfuß der Hochlandgans sei verkümmert in seiner Verrichtung, aber nicht in seiner Form. Beim Fregattenvogel dagegen zeigt der tiefe Ausschnitt der Schwimmhaut zwischen den Zehen, daß eine Veränderung der Fußbildung begonnen hat.

Wer an zahllose getrennte Schöpfungsacte glaubt, wird sagen, daß es in diesen Fällen dem Schöpfer gefallen habe, ein Wesen von dem einen Typus für den Platz eines Wesens von dem andern Typus zu bestimmen. Dies scheint mir aber nur eine Umschreibung der Thatsache in einer würdevoll klingenden Fassung zu sein. Wer an den Kampf um’s Dasein und an das Princip der natürlichen Zuchtwahl glaubt, der wird anerkennen, daß jedes organische Wesen beständig nach Vermehrung seiner Anzahl strebt und daß, wenn es in Organisation oder Gewohnheiten auch noch so wenig variirt, und hierdurch

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/216&oldid=- (Version vom 31.7.2018)