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größeren Nutzen gewesen, so würde sie durch natürliche Zuchtwahl vermuthlich bleibend gemacht worden sein.

Homologe Theile streben, wie einige Autoren bemerkt haben, zu verwachsen, wie man es oft in monströsen Pflanzen sieht; und nichts ist gewöhnlicher, als die Vereinigung homologer Theile in normalen Bildungen, wie z. B. die Vereinigung der Kronenblätter in eine Röhre. Harte Theile scheinen auf die Form anliegender, weicher einzuwirken; wenn denn einige Schriftsteller glauben, daß bei den Vögeln die Verschiedenheit in der Form des Beckens die merkwürdige Verschiedenheit in der Form ihrer Nieren verursache. Andere glauben, daß beim Menschen die Gestalt des Beckens der Mutter durch Druck auf die Schädelform des Kindes wirke. Bei Schlangen bedingen nach Schlegel die Form des Körpers und die Art des Schlingens die Form mehrerer der wichtigsten Eingeweide.

Die Natur des correlativen Bandes ist sehr oft ganz dunkel. Isidore Geoffroy Saint-Hilaire hat auf nachdrückliche Weise hervorgehoben, daß gewisse Misbildungen sehr häufig und andere sehr selten zusammen vorkommen, ohne daß wir irgend einen Grund anzugeben vermöchten. Was kann eigenthümlicher sein, als bei Katzen die Beziehung zwischen völliger Weiße und blauen Augen einer- und Taubheit andererseits, oder zwischen einem gelb, schwarz und weiß gefleckten Pelze und dem weiblichen Geschlechte; oder bei Tauben die Beziehung zwischen den gefiederten Füßen und der Spannhaut zwischen den äußeren Zehen, oder die zwischen der Anwesenheit von mehr oder weniger Flaum an den eben ausgeschlüpften Vögeln mit der künftigen Farbe ihres Gefieders; oder endlich die Beziehung zwischen Behaarung und Zahnbildung des nackten türkischen Hundes, obschon hier zweifellos Homologie mit in’s Spiel kommt? Mit Bezug auf diesen letzten Fall von Correlation scheint es mir kaum zufällig zu sein, daß diejenigen zwei Säugethierordnungen, welche am abnormsten in ihrer Hautbekleidung, auch am abweichendsten in ihrer Zahnbildung sind: nämlich die Cetaceen (Wale) und die Edentaten (Schuppenthiere, Gürtelthiere u. s. w.); es finden sich indessen so viele Ausnahmen von dieser Regel, wie Mr. Mivart bemerkt hat, daß sie geringen Werth hat.

Ich kenne keinen Fall, der besser geeignet wäre, die große Bedeutung der Gesetze der Correlation und Variation, unabhängig von der Nützlichkeit und somit auch von der natürlichen Zuchtwahl, darzuthun,

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/179&oldid=- (Version vom 31.7.2018)