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des Canis latrans von Nord-America, welcher bellen soll. Auch haben einige Rassen der domesticirten Tauben in einer neuen und eigenthümlichen Art und Weise zu girren gelernt.

Der Character der menschlichen Stimme unter dem Einflusse verschiedener Seelenerregungen ist von Herbert Spencer in seinem interessanten Aufsatze über Musik erörtert worden.[1] Er zeigt deutlich, daß die Stimme unter verschiedenen Bedingungen sich bedeutend in der Lautheit und in der Qualität ändert, d. h. in der Resonanz und im Timbre, in der Höhe und den Intervallen. Es kann wohl Niemand einen beredten Sprecher oder einen Prediger, dann einen Menschen, der zornig einen Andern anschreit, oder einen, welcher Erstaunen über Etwas ausdrückt, hören, ohne von der Wahrheit der Bemerkung Spencer's frappirt zu sein. Es ist merkwürdig, wie früh im Leben schon die Modulation der Stimme ausdrucksvoll wird. Bei einem meiner Kinder bemerkte ich, ehe dasselbe zwei Jahre alt war, deutlich, daß das „Hm“ der Zustimmung durch eine leichte Modulation stark emphatisch gemacht wurde, während ein eigenthümlich winselndes Verneinen eine obstinate Bestimmtheit ausdrückte. Mr. Spencer weist ferner nach, daß die Sprache unter Erregung des Gemüths in allen den oben angeführten Beziehungen eine innige Verwandtschaft mit Vocalmusik, und folglich auch mit Instrumentalmusik darbietet; und er versucht die characteristischen Eigenschaften beider mit physiologischen Gründen zu erklären, nämlich aus „dem allgemeinen Gesetze, daß eine Empfindung ein Reiz zur Muskelthätigkeit ist“. Man kann zugeben, daß die Stimme durch dies Gesetz beeinflußt wird; die Erklärung erscheint mir aber zu allgemein und zu vag, als daß sie auf die einzelnen Unterschiede, mit Ausnahme des der Lautheit, zwischen dem gewöhnlichen Sprechen und dem Sprechen in gewissen Gemüthserregungen oder dem Singen viel Licht werfen könnte.

Diese Bemerkung behält seine Gültigkeit, mögen wir annehmen, daß die verschiedenen Qualitäten der Stimme dadurch entstanden, daß unter der Erregung starker Gefühle gesprochen wurde und daß diese Qualitäten später auf die Vocalmusik übertragen wurden, oder mögen wir der Ansicht sein, wie ich es behaupte, daß die Gewohnheit musikalische Laute auszustoßen zuerst als ein Mittel der Brautwerbung bei den frühen Urerzeugern des Menschen entwickelt und


  1. Essays, Scientific, Political and Speculative, 1858. The Origin and Function of Music, p. 359.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/85&oldid=- (Version vom 31.7.2018)