Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unterschieden, wenn sie mit dem Lasso gefangen und ihnen die Schenkelsehnen durchschnitten wurden. Man sagt, daß Pferde, wenn sie von Wölfen angegriffen werden, laute und eigenthümliche Angstschreie ausstoßen.

Zu der Äußerung vocaler Laute dürften unwillkürliche und zwecklose, in der erwähnten Art und Weise angeregte Zusammenziehungen der Muskeln der Brust und Stimmritze zuerst Veranlassung gegeben haben. Jetzt wird aber die Stimme von vielen Thieren zu verschiedenen Zwecken benutzt; auch scheint Gewohnheit bei deren Verwendung unter anderen Umständen eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Naturforscher haben, und wie ich glaube mit Recht, bemerkt, daß sociale Thiere, weil solche ihre Stimmorgane gewohnheitsgemäß als Mittel zu gegenseitiger Mittheilung benutzen, dieselben auch bei andern Veranlassungen viel häufiger gebrauchen als andere Thiere. Es gibt aber auffallende Ausnahmen von dieser Regel, z. B. beim Kaninchen. Auch hat das Princip der Association, welches einen so weiten Wirkungskreis hat, dabei eine Rolle gespielt. Es folgt hieraus, daß die Stimme, weil sie unter gewissen, Vergnügen, Schmerz, Zorn u. s. w. veranlassenden Bedingungen gewohnheitsgemäß als nützliches Hülfsmittel angewendet worden ist, allgemein gebraucht wird, sobald nur immer dieselben Empfindungen oder Gemüthsbewegungen unter völlig verschiedenen Bedingungen oder in einem geringeren Grade angeregt werden.

Die beiden Geschlechter vieler Thiere rufen während der Brunstzeit unaufhörlich einander, und in nicht wenig Fällen sucht das Männchen durch die Stimme das Weibchen zu bezaubern oder zu reizen. Dies scheint allerdings der uranfängliche Gebrauch und die ursprüngliche[WS 1] Entwickelungsweise der Stimme gewesen zu sein, wie ich in meiner „Abstammung des Menschen“ zu zeigen versucht habe. Hiernach wird der Gebrauch der Stimmorgane mit der Vorausempfindung des größten Vergnügens, was die Thiere zu fühlen im Stande sind, associirt worden sein. Thiere, welche in Gesellschaft leben, rufen einander oft, wenn sie getrennt werden und empfinden offenbar eine große Freude, wenn sie sich treffen; dies sehen wir z. B. an einem Pferde bei der Rückkehr seines Gefährten, dem es entgegenwiehert. Die Mutter ruft beständig nach ihren verlorenen Jungen, so z. B. eine Kuh nach ihrem Kalbe; auch rufen die Jungen vieler Thiere nach ihrer Mutter. Wenn eine Schafheerde auseinander getrieben

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage:urspüngliche
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/83&oldid=- (Version vom 31.7.2018)