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Der auffallendste, wenn auch seltene und abnorme Fall, welcher für den directen Einfluß des Nervensystems auf den Körper angeführt werden kann, wenn ersteres heftig afficirt wird, ist das Erbleichen des Haars, welches gelegentlich nach äußerst heftigem Schreck oder Kummer beobachtet worden ist. Ein authentischer Fall ist von einem Manne in Indien berichtet worden, welcher zur Hinrichtung geführt wurde und bei welchem die Veränderung der Farbe so schnell eintrat, daß sie für das Auge wahrnehmbar war.[1]

Ein anderes gutes Beispiel bietet das Zittern der Muskeln dar, welches den Menschen und vielen oder geradezu den meisten der niedern Thiere gemeinsam zukommt. Das Zittern ist von keinem Nutzen, oft geradezu störend, und kann ursprünglich nicht durch den Willen erlangt und dann durch Association mit irgend einer Seelenerregung gewohnheitsgemäß geworden sein. Eine ausgezeichnete Autorität hat mir versichert, daß kleine Kinder nicht zittern, sondern unter den Umständen, welche bei Erwachsenen heftiges Zittern herbeiführen würden, in Convulsionen verfallen. Das Zittern wird bei verschiedenen Individuen in sehr verschiedenem Grade und durch die verschiedenartigsten Ursachen hervorgerufen, so durch Einwirkung der Kälte auf die Oberfläche, durch Fieberanfälle, trotzdem die Temperatur des Körpers hier höher als der normale Maßstab ist, bei Blutvergiftungen, im Delirium tremens und andern Krankheiten, durch allgemeinen Kräftemangel im hohen Alter, durch Erschöpfung nach übermäßiger Ermüdung, nach localen Reizen durch heftige Verletzungen, sowie Verbrennungen und in einer ganz besondern Art und Weise durch die Einführung eines Katheters. Von allen Seelenerregungen ist bekanntermaßen Furcht diejenige, welche am leichtesten Zittern herbeiführt, aber dasselbe thun gelegentlich großer Zorn und große Freude. Ich erinnere mich, einmal einen Knaben gesehen zu haben, welcher gerade seine erste Bekassine im Fluge geschossen hatte, dessen Hände vor Entzücken in einem solchen Grade zitterten, dass er eine Zeit lang nicht im Stande war, seine Flinte wieder zu laden; und ich habe von einem ganz ähnlichen Falle bei einem australischen Wilden gehört, dem eine Flinte geliehen worden war. Schöne Musik


  1. s. die interessanten Fälle, welche G. Pouchet gesammelt hat in der Revue des Deux Mondes. Jan. 1. 1872, p. 79. Vor wenig Jahren wurde auch ein Fall der British Association in Belfast mitgetheilt.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/67&oldid=- (Version vom 31.7.2018)