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einen natürlichen Ausgangspunkt hatten. Das Schwingen der Hand von rechts nach links, welches von manchen Wilden als Zeichen der Verneinung gebraucht wird, dürfte als Nachahmung des Kopfschüttelns erfunden worden sein; ob aber die entgegengesetzte Bewegung des Schwingens der Hand in einer geraden Linie vom Gesicht abwärts, welches als Zeichen der Bejahung gebraucht wird, durch den Gegensatz oder in irgend einer völlig verschiedenen Art und Weise entstanden ist, bleibt zweifelhaft.

Wenden wir uns nun zu den Geberden, welche angeboren sind oder allen Individuen der nämlichen Species gemeinsam zukommen und welche unter die vorliegende Kategorie des Gegensatzes fallen, so ist es äußerst zweifelhaft, ob irgend welche von ihnen ursprünglich mit Vorbedacht erfunden und mit Bewußtsein ausgeführt worden sind. Beim Menschen ist das beste Beispiel einer Geberde, welche in einem directen Gegensatze zu andern, naturgemäß unter einem entgegengesetzten Seelenzustande ausgeführten Bewegungen steht, das Zucken mit den Schultern. Dies drückt Unfähigkeit oder eine Entschuldigung aus, — es bezeichnet etwas, was nicht gethan werden kann oder was nicht vermieden werden kann. Die Geberde wird zuweilen bewußt und willkürlich gebraucht; es ist aber äußerst unwahrscheinlich, daß sie ursprünglich mit Vorbedacht erfunden und später durch Gewohnheit fixirt worden ist; es zucken nämlich nicht allein kleine Kinder in den oben bezeichneten Gemüthszuständen mit ihren Achseln, sondern die Bewegung wird auch, wie in einem spätern Capitel gezeigt werden wird, von verschiedenen untergeordneten Bewegungen begleitet, dessen sich nicht ein Mensch unter tausend bewußt wird, wenn er nicht speciell dem Gegenstande seine Aufmerksamkeit zugewendet hat.

Wenn Hunde sich einem fremden Hunde nähern, so können sie es unter Umständen für zweckmäßig halten, durch ihre Bewegungen zu erkennen zu geben, daß sie freundlich gesinnt sind und nicht zu kämpfen wünschen. Wenn zwei junge Hunde im Spielen einander anknurren und sich in das Gesicht und die Beine beißen, so verstehen sie offenbar unter einander ihre Geberden und Manieren. Es scheint geradezu bei jungen Hunden und Katzen ein gewisser Grad instinctiver Kenntnis davon zu existiren, daß sie ihre kleinen scharfen Zähne oder Krallen beim Spielen nicht zu derb gebrauchen dürfen, doch kommt Letzteres zuweilen vor und dann ist ein Gewinsel das


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)