das Maul ist geschlossen, und das Thier reibt sich an seinem Herrn mit einem Schnurren statt eines Knurrens. Es ist auch ferner zu beachten, wie völlig die ganze Haltung einer schmeichelnden Katze von der eines Hundes in gleicher Stimmung verschieden ist, wenn letzterer mit kriechendem und sich windendem Körper, herabhängendem und wedelndem Schwanze und herabgedrückten Ohren seinen Herrn liebkost. Dieser Contrast in den Stellungen und Bewegungen dieser beiden fleischfressenden Säugethiere in derselben vergnüglichen und zärtlichen Gemüthsstimmung kann, wie es mir scheint, nur dadurch erklärt werden, daß die betreffenden Bewegungen in vollkommenem Gegensatze zu denen stehen, welche ausgeführt werden, wenn die Thiere böse sind und bereit, entweder zu kämpfen oder auf ihre Beute einzuspringen.
In diesen beiden Fällen, beim Hunde und der Katze, haben wir allen Grund zu glauben, daß die Geberden sowohl der Feindseligkeit als auch der Zuneigung angeboren oder ererbt sind; denn sie sind in den verschiedenen Rassen der Species und in allen Individuen einer und der nämlichen Rasse, sowohl jungen als alten, beinahe identisch dieselben.
Ich will hier noch ein anderes Beispiel des Gegensatzes im Ausdrucke anführen. Ich besaß früher einen großen Hund, welcher wie jeder andere Hund ein großes Vergnügen daran fand, hinaus spazieren zu gehen. Er zeigte seine Freude darin, daß er gravitätisch mit hoch erhobenen Schritten vor mir her trabte mit hoch emporgehobenem, dabei aber nicht steifem Schwanze. Nicht weit von meinem Hause führt ein Fußweg rechts vom Hauptgang ab nach einem Gewächshause hin, was ich häufig für ein paar Augenblicke zu besuchen pflegte, um nach meinen Versuchspflanzen zu sehen. Dies war jedesmal eine große Enttäuschung für den Hund, da er nicht wußte, ob ich den Spaziergang fortsetzen würde; und die augenblickliche und vollständige Veränderung des Ausdrucks, die ihn überfiel, sobald er nur meinen Körper im Allergeringsten nach dem Fußwege sich wenden sah (und zuweilen that ich es nur des Versuches wegen), war förmlich lächerlich. Sein Blick der größten Niedergeschlagenheit war jedem Gliede meiner Familie bekannt und wurde das „Gewächshaus-Gesicht“ genannt. Es bestand dies darin, daß der Kopf sehr gesenkt wurde, der ganze Körper ein wenig zusammensank und bewegungslos blieb, daß die Ohren und der Schwanz ganz plötzlich herunter sanken,
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)