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So scheint es ferner wahrscheinlich zu sein, daß das Zusammenfahren ursprünglich durch die Gewohnheit erlangt wurde, so schnell als möglich der Gefahr durch einen Sprung zu entgehen, so oft nur irgend einer unsrer Sinne uns eine Warnung davor zukommen liess. Wie wir gesehen haben, wird das Zusammenfahren von einem Blinken mit den Augenlidern begleitet, so daß die Augen, die zartesten und empfindlichsten Organe des Körpers, geschätzt werden, und wie ich glaube, wird es immer von einem plötzlichen und kräftigen Einathmen begleitet, was die naturgemäße Vorbereitung für jede heftige Anstrengung ist. Wenn aber ein Mensch oder ein Pferd zusammenschreckt, so schlägt sein Herz gegen seine Rippen, und hier haben wir, wie man in Wahrheit sagen kann, ein Organ, welches niemals unter der Controle des Willens gestanden hat und doch an den allgemeinen Reflexbewegungen des Körpers theilnimmt. Indessen werde ich auf diesen Punkt in spätern Capiteln noch zurückkommen.

Die Zusammenziehung der Regenbogenhaut, sobald die Netzhaut durch ein helles Licht gereizt wird, ist ein andres Beispiel einer Bewegung, welche, wie es scheint, unmöglich zuerst willkürlich ausgeführt und dann durch Gewohnheit fixirt worden ist; denn die Iris steht, soviel bekannt ist, bei keinem Thiere unter der bewußten Controle des Willens. In derartigen Fällen muß irgend ein von der Gewohnheit vollständig verschiedener Erklärungsgrund noch entdeckt werden. Das Ausstrahlen von Nervenkraft aus heftig erregten Nervenzellen auf andre mit diesen in Zusammenhang stehende Zellen, wie in dem Falle, wo ein helles auf die Netzhaut tretendes Licht ein Niesen veranlaßt, kann uns vielleicht bei dem Verständnis des Ursprungs mancher Reflexbewegungen unterstützen. Ein Ausstrahlen von Nervenkraft dieser Art, wenn es eine Bewegung verursacht, die die ursprüngliche Erregung zu mildern strebt — wie in dem Falle, wo die Zusammenziehung der Regenbogenhaut es verhindert, daß zu viel Licht auf die Netzhaut fällt — dürfte später mit Vortheil benutzt und für diesen speciellen Zweck modificirt worden sein.

Es verdient ferner Beachtung, daß Reflexbewegungen aller Wahrscheinlichkeit nach unbedeutenden Abänderungen unterworfen sind, ebenso wie alle körperlichen Bildungen und Instincte; und alle die Abänderungen, welche wohlthätig oder von hinreichender Wichtigkeit waren, werden darnach gestrebt haben, erhalten und vererbt zu werden. So können Reflexhandlungen, wenn sie einmal für den einen Zweck


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)