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analysiren. In zwei von Duchenne mitgetheilten Photographien eines und desselben alten Mannes (Taf. III, Fig. 5 und 6) erkannte beinahe ein Jeder, daß die eine ein echtes, die andere ein falsches Lächeln darstellte; und doch fand ich es für sehr schwierig, zu entscheiden, worin der ganze Unterschied bestand. Es ist mir häufig als eine merkwürdige Thatsache aufgefallen, daß so viele Nuancirungen des Ausdrucks augenblicklich ohne irgend einen bewußten Proceß der Analyse unsererseits erkannt werden. Ich glaube, Niemand kann deutlich einen verdrießlichen und einen schlauen Ausdruck beschreiben; und doch sind viele Beobachter darüber einstimmig, daß diese Ausdrucksformen bei den verschiedenen Menschenrassen zu erkennen sind. Beinahe ein Jeder, dem ich Duchenne's Photographie des jungen Mannes mit schräg gestellten Augenbrauen (Taf. II, Fig. 2) zeigte, erklärte sofort, daß sie Kummer oder irgend ein derartiges Gefühl ausdrücke; doch hätte wahrscheinlich nicht eine von diesen Personen oder eine unter einem Tausend vorher irgend etwas Genaues über die schräge Stellung der Augenbrauen mit den zusammengewulsteten inneren Enden oder über die rechtwinkligen Furchen auf der Stirn angeben können. So geht es auch mit vielen andern Ausdrucksformen; ich habe darüber practische Erfahrungen gemacht in Bezug auf die Mühe, welche es kostete, Andere zu unterrichten, welche Punkte zu beobachten wären. Wenn daher die große Unwissenheit in Bezug auf Einzelnheiten es nicht verhindert, daß wir mit Sicherheit und Fertigkeit verschiedene Ausdrucksweisen erkennen, so sehe ich nicht ein, wie man diese Unwissenheit als einen Beweis dafür vorbringen kann, daß unsere Kenntnis, obschon sie nur unbestimmt und ganz allgemein ist, nicht angeboren sei.

Ich habe mit ziemlich detaillirter Ausführlichkeit zu zeigen mich bemüht, daß alle die hauptsächlichsten Ausdrucksweisen, welche der Mensch darbietet, über die ganze Erde dieselben sind. Diese Thatsache ist interessant, da sie ein neues Argument zu Gunsten der Annahme beibringt, daß die verschiedenen Rassen von einer einzigen Stammform ausgegangen sind, welche vor der Zeit, in welcher die Rassen von einander abzuweichen begannen, beinahe vollständig menschlich in ihrem Baue und in hohem Grade so in ihrer geistigen Entwickelung gewesen sein muß. Ohne Zweifel sind zwar wohl ähnliche Structureinrichtungen, die demselben Zwecke angepaßt sind, häufig unabhängig von einander durch Abänderung und natürliche Zuchtwahl


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/350&oldid=- (Version vom 31.7.2018)