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Einflüsse die kleinen Arterien nicht bloß die Gewohnheit erlangt haben, sich leicht zu erweitern und zusammenzuziehen, sondern auch im Vergleich mit andern Stellen der Oberfläche ungewöhnlich entwickelt worden zu sein scheinen.[1] Wie Mr. Moreau und Dr. Burgess bemerkt haben, ist dies wahrscheinlich Folge derselben Ursache, aus welcher das Gesicht auch unter verschiedenen Umständen so leicht roth wird (wie in einem Fieberanfalle, bei gewöhnlicher Wärme, heftiger Anstrengung, bei Zorn, einem leichten Schlage u. s. w.), auf der andern Seite aber vor Kälte und Furcht leicht blaß, und während der Schwangerschaft misfarben wird. Das Gesicht ist auch ganz eigenthümlich bei Hautkrankheiten, wie bei Pocken, Rose u. s. w. dem Ergriffenwerden ausgesetzt. Diese Ansicht wird auch von der Thatsache unterstützt, daß Menschen gewisser Rassen, welche gewöhnlich nahezu nackt gehen, häufig über ihre Arme, über die Brust und selbst bis hinab auf ihre Taille erröthen. Eine Dame, welche leicht und stark erröthet, theilte Dr. Browne mit, daß, wenn sie sich beschämt oder aufgeregt fühlt, sie über das Gesicht, den Hals, die Handgelenke und Hände erröthet, — d. h. also über alle unbedeckten Theile der Haut. Nichtsdestoweniger läßt sich doch zweifeln, ob das gewohnheitsgemäße Ausgesetztsein der Haut, des Gesichts und des Halses und das davon abhängige Vermögen, auf Reize aller Arten zu reagiren, an sich hinreichend ist, die Neigung bei Engländerinnen in diesen Theilen viel bedeutender zu erröthen als an anderen zu erklären. Denn die Hände sind mit Nerven und kleinen Gefäßen hinreichend versorgt und sind der Luft eben so viel ausgesetzt gewesen als das Gesicht oder der Hals, und doch erröthen die Hände selten. Wir werden sofort sehen, wie der Umstand, daß die Aufmerksamkeit des Geistes viel häufiger und eingehender auf das Gesicht als auf irgend einen andern Theil des Körpers gerichtet gewesen ist, wahrscheinlich eine genügende Erklärung darbietet.


Das Erröthen bei den verschiedenen Menschenrassen. — Die kleinen Gefäße des Gesichts werden in Folge der Erregung der Scham bei fast allen Menschenrassen mit Blut erfüllt, obschon bei den sehr dunklen Rassen keine deutliche Farben Veränderung wahrgenommen


  1. Burgess, a. a. O. p. 114, 122. Moreau im Lavater a. a. O., Vol. IV, p. 263.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/308&oldid=- (Version vom 31.7.2018)