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auch gänzlich versagen. „Obstupui, steteruntque comae, et vox faucibus haesit.“

Von der unbestimmten Furcht findet sich eine bekannte und großartige Beschreibung im Buche Hiob: — „Da ich Gesichte betrachtete in der Nacht, wenn der Schlaf auf die Leute fällt, da kam mich Furcht und Zittern an, und alle meine Gebeine erschracken. Und da der Geist vor mir übergieng, standen mir die Haare zu Berge an meinem Leibe; da stand ein Bild vor meinen Augen, und ich kannte seine Gestalt nicht; es war stille und ich hörte eine Stimme: Wie mag ein Mensch gerechter sein, denn Gott? Oder ein Mann reiner sein, denn der ihn gemacht hat?“ (Hiob 4, 13—17.)

In dem Maße, wie sich Furcht zu einer Seelenangst des Schreckens (oder äußerster Furcht) vergrößert, sehen wir, wie bei allen heftigen Gemüthserregungen, verschiedenartige Resultate. Das Herz schlägt stürmisch oder versagt ganz zu fungiren und es tritt Ohnmacht ein; es ist Todtenblässe vorhanden; das Athmen ist beschwerlich; die Nasenflügel sind weit ausgedehnt; „die Lippen schnappen und bewegen sich convulsivisch, die hohle Wange zittert, die Kehle schluckt und zieht sich zusammen“;[1] die unbedeckten und vortretenden Augäpfel sind auf den Gegenstand des Schreckens fixirt oder sie können auch ruhelos von der einen zur andern Seite rollen, „huc illuc volvens oculos totumque pererrat“.[2] Der Angabe nach werden die Pupillen enorm erweitert. Alle Muskeln des Körpers können steif oder in convulsivische Bewegungen versetzt werden. Die Hände werden abwechselnd geballt und wieder geöffnet, häufig mit einer zuckenden Bewegung. Die Arme können vorgestreckt sein, als wollten sie irgend eine fürchterliche Gefahr abwenden, oder wild über den Kopf geworfen werden. Mr. Hagenauer hat diese letztere Bewegung bei einem vor Furcht entsetzten Australier gesehen. In andern Fällen tritt eine plötzliche und unbezwingbare Neigung zur kopflosen Flucht ein; und diese ist dann so stark, daß die tapfersten Soldaten von einem plötzlichen panischen Schrecken ergriffen werden können.

Wenn die Furcht auf den höchsten Gipfel steigt, dann wird der fürchterliche Schrei des Entsetzens gehört. Große Schweißtropfen


  1. Sir Ch. Bell, Transactions of Royal Soc. 1822, p. 308. „Anatomy of Expression“, p. 88 und p. 164—169.
  2. s. Moreau über das Rollen der Augen in der Ausgabe von 1820 des Lavater, Tom IV, p. 263, s. auch Gratiolet, De la Physionomie, p. 17.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/285&oldid=- (Version vom 31.7.2018)