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erhoben und gewölbt sind und dessen Mund willkürlich geöffnet wurde. Diese Abbildung drückt Überraschung mit großer Treue aus. Ich zeigte sie vierundzwanzig Personen, ohne ein Wort der Erklärung zu sagen, und nur eine einzige sah durchaus nicht ein, was damit gemeint war. Eine zweite Person antwortete: Schrecken, was nicht so weit ab falsch ist; indessen fügten einige der Andern den Worten Überraschung oder Erstaunen noch die Bezeichnung hinzu: entsetzlich, kummervoll, schmerzlich oder widerwärtig.

Das weite Offenhalten der Augen und des Mundes ist eine ganz allgemein für die der Überraschung oder des Erstaunens erkannte Ausdrucksform. So sagt Shakespeare: „Ich sah ’nen Schmid mit seinem Hammer, so, Mit offnem Mund verschlingen den Bericht von einem Schneider“ (König Johann, Act IV., Scene 2); und ferner: „sie schienen fast, so starrten sie einander an, ihre Augenlider zu zersprengen; es war Sprache in ihrem Verstummen, und Rede selbst in ihrer Geberde; sie sahen aus, als wenn sie von einer neu entstandenen oder untergegangenen Welt gehört hätten.“ (Wintermärchen, Act V., Scene 2).

Meine Correspondenten beantworteten meine Fragen in Bezug auf die verschiedenen Menschenrassen mit einer merkwürdigen Gleichförmigkeit in demselben Sinne; die eben erwähnten Gesichtszüge werden häufig von gewissen, sofort zu beschreibenden Geberden und Lauten begleitet. Zwölf Beobachter in verschiedenen Theilen von Australien stimmen über diesen Punkt überein. Mr. Winwood Reade hat diese Ausdrucksform bei den Negern der Küste von Guinea beobachtet. Der Häuptling Gaika und Andere beantworten meine Frage in Betreff der Kaffern von Süd-Africa mit „Ja“; dasselbe thun Andere ganz ausdrücklich in Bezug auf die Abyssinier, Ceylonesen, Chinesen, Feuerländer, verschiedene Volksstämme von Nord-America und die Neu-Seeländer. Bei den letztern zeigt sich, wie Mr. Stack angibt, diese Ausdrucksform bei gewissen Individuen deutlicher als bei andern, obschon sie alle so viel als möglich ihre Gefühle zu verheimlichen suchen. Der Rajah Brooke sagt, daß die Dyaks von Borneo, wenn sie erstaunt sind, ihre Augen weit öffnen, ihren Kopf hin und her schwingen und sich ihre Brust schlagen. Mr. Scott theilt mir mit, daß den Arbeitsleuten im botanischen Garten in Calcutta streng verboten ist zu rauchen; sie gehorchen aber häufig diesem Befehle nicht und wenn sie plötzlich auf der That ertappt werden, so öffnen sie


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/274&oldid=- (Version vom 31.7.2018)