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laut, barsch und unharmonisch. Wird dabei viel und sehr schnell gesprochen, so schäumt der Mund. Das Haar sträubt sich zuweilen; ich werde aber auf diesen Gegenstand in einem andern Capitel zurückkommen, wenn ich die gemischten Gemüthserregungen der Wuth und der äußersten Furcht behandeln werde. In den meisten Fällen ist ein stark markirtes Stirnrunzeln wahrnehmbar; denn dies ist regelmäßig eine Folge des Gefühls, daß irgend etwas nicht gefällt oder schwer zu beseitigen ist in Verbindung mit einer Concentration des Geistes. Zuweilen aber bleiben die Augenbrauen, anstatt bedeutend zusammengezogen und gesenkt zu werden, glatt, und die starrenden Augen werden weit offen gehalten. Die Augen sind immer glänzend oder können, wie Homer es ausdrückt, feurig strahlen. Sie sind zuweilen mit Blut unterlaufen und man sagt: sie ragen aus ihren Höhlen hervor — ohne Zweifel das Resultat davon, daß der Kopf mit Blut überfüllt ist, wie sich aus der Ausdehnung der Venen ergibt. Der Angabe Gratiolet's zufolge[1] sind die Pupillen immer in der Wuth zusammengezogen, und ich höre von Dr. Crichton Browne, daß dies in den wüthenden Delirien der Hirnhautentzündung der Fall ist; die Bewegungen der Regenbogenhaut unter dem Einflusse der verschiedenen Gemüthsbewegungen ist aber ein sehr dunkler Gegenstand.

Shakespeare faßt die hauptsächlichsten characteristischen Zeichen wie folgt zusammen:

„Im Frieden kann so wohl nichts einen Mann
Als Demuth und bescheidne Sitte kleiden;
Doch bläst des Krieges Wetter euch in's Ohr,
Dann ahmt dem Tiger nach in seinem Thun;
Spannt eure Sehnen, ruft das Blut herbei!
Entstellt die liebliche Natur mit Wuth!
Dann leiht dem Auge einen Schreckensblick;
Nun knirscht die Zähne, schwellt die Nüstern auf,
Den Athem hemmt, spannt alle Lebensgeister
Zur vollen Höh' — auf, Englische von Adel!
Heinrich V., Act 3, Scene I.

Die Lippen werden zuweilen während der Wuth in einer Art und Weise vorgestreckt, deren Bedeutung ich nicht verstehe, wenn es nicht von unserer Abstammung von irgend einem affenartigen Thiere herrührt. Beispiele hierfür sind nicht bloß bei Europäern beobachtet worden, sondern auch bei Australiern und Hindus. Indessen werden


  1. De la Physionomie, 1865, p. 346.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/233&oldid=- (Version vom 31.7.2018)