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daß für eine länger andauernde Muskelanstrengung eine verlangsamte Circulation und auf der anderen Seite für schnelle Bewegungen eine beschleunigte Circulation nothwendig ist. Wir schließen dieser Ansicht zufolge, wenn wir irgend eine bedeutende Anstrengung beginnen, unsern Mund und unterbrechen das Athmen, um die Circulation des Blutes zu verlangsamen. Gratiolet faßt den Gegenstand mit den Worten zusammen: „C'est là la théorie de l'effort continu“; in wie weit aber diese Theorie von andern Physiologen angenommen wird, weiß ich nicht.

Dr. Piderit erklärt[1] das feste Schließen des Mundes während heftiger Anstrengung der Muskeln aus dem Princip, daß sich der Einfluß des Willens auch auf andere Muskeln ausbreitet als auf die, welche bei Ausführung irgend einer besonderen Anstrengung nothwendig in Thätigkeit gesetzt werden; und es sei natürlich, daß die Respirationsmuskeln und die des Mundes, welche so beständig gebraucht werden, ganz besonders leicht in dieser Weise beeinflußt werden. Mir scheint es wahrscheinlich, daß in dieser Ansicht wohl etwas Wahres liegt; denn wir pressen gern während heftiger Anstrengungen die Zähne aufeinander und dies ist so lange die Muskeln der Brust stark zusammengezogen sind nicht nothwendig, um die Exspiration zu verhindern.

Wenn endlich Jemand irgend eine delicate und schwierige Operation auszuführen hat, welche kein Aufbieten irgend bedeutender Kraft erfordert, so schließt er doch nichtsdestoweniger seinen Mund und hört eine Zeit lang zu athmen auf; er thut dies aber, damit die Bewegungen, seiner Brust nicht diejenigen seiner Arme stören sollen. Wenn z. B. eine Person versucht, eine Nadel einzufädeln, so kann man sehen, wie sie ihre Lippen zusammendrückt und entweder aufhört zu athmen oder so ruhig als möglich athmet. So war es auch, wie früher angegeben wurde, mit einem jungen und kranken Chimpanse, während er sich damit unterhielt, die Fliegen mit seinen Knöcheln zu tödten, wie sie an den Fensterscheiben auf- und niedersummten. Eine Handlung, wie geringfügig sie auch sein mag, wenn sie nur schwierig auszuführen ist, setzt einen gewissen Grad einer vorausgehenden entschlossenen Sammlung voraus.

Darin scheint nichts Unwahrscheinliches zu liegen, daß die eben


  1. Mimik und Physiognomik, S. 79.
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Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/228&oldid=- (Version vom 31.7.2018)