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Neuntes Capitel.
Überlegung. — Nachdenken. — Üble Laune. — Schmollen. — Entschlossenheit.
Der Act des Stirnrunzelns. — Überlegung mit einer Anstrengung oder mit der Wahrnehmung von etwas Schwierigem oder Unangenehmem. — Vertieftes Nachdenken. — Üble Laune. — Mürrisches Wesen. — Hartnäckigkeit. — Schmollen und Verziehen des Mundes. — Bestimmtheit oder Entschiedenheit. — Das feste Schließen des Mundes.

Die Augenbrauenrunzler bringen durch ihre Zusammenziehung die Augenbrauen etwas herab und nähern dieselben einander, wobei sie auf der Stirn senkrechte Falten, d. h. ein Stirnrunzeln hervorbringen. Sir Ch. Bell, welcher irrthümlicherweise der Ansicht war, daß der Augenbrauenrunzler ein dem Menschen eigenthümlicher Muskel sei, bezeichnet ihn als „den merkwürdigsten Muskel des menschlichen Gesichts. Er verknüpft die Augenbrauen mit einer energischen Anstrengung, was auf eine unerklärliche, aber doch unwiderstehliche Weise die Idee des Geistes hervorruft.“ An einer andern Stelle sagt er ferner: „Wenn die Augenbrauen zusammengezogen werden, so wird Energie des Geistes sichtbar; dabei vermischt sich die Idee des Gedankens und der Seelenbewegung mit der der wilden und brutalen Wuth des reinen Thieres“.[1] In diesen Bemerkungen liegt


  1. Anatomy of Expression, p. 137, 139. Es ist nicht überraschend, daß sich die Augenbrauenrunzler beim Menschen viel stärker entwickelt haben, als bei den menschenähnlichen Affen; denn sie werden von ihm unter verschiedenen Umständen in beständige Thätigkeit versetzt und werden auch durch die vererbten Wirkungen des Gebrauchs gestärkt und modificirt worden sein. Wir haben gesehen, was für eine bedeutungsvolle Rolle sie in Verbindung mit den Kreismuskeln des Auges spielen, um die Augen vor dem Überfülltwerden mit Blut während heftiger exspiratorischer Bewegungen zu schützen. Wenn die Augen so schnell und so gewaltsam [203] wie möglich geschlossen werden, um sie vor einem Schlage zu retten, so ziehen sich die Augenbrauenrunzler zusammen. Bei Wilden oder andern Menschen, deren Kopf unbedeckt getragen wird, werden die Augenbrauen beständig gesenkt und zusammengezogen, um als ein Schirm gegen das zu starke Licht zu dienen; und dies wird zum Theil durch die Augenbrauenrunzler ausgeführt. Diese Bewegung würde dem Menschen noch specieller von Nutzen gewesen sein, wenn seine frühen Urerzeuger den Kopf aufrecht getragen hätten. Endlich glaubt Prof. Donders (Archives of Medicine, ed. by L. S. Beale, Vol. V, 1870, p. 34), daß die Augenbrauenrunzler in Thätigkeit gesetzt werden, um das Hervortreten des Augapfels bei der Accomodation des Sehens für die größte Nähe zu verursachen.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/214&oldid=- (Version vom 9.3.2019)