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nicht einmal geöffnet, die Respiration war nicht beschleunigt, und kein Muskel wurde afficirt, ausgenommen diejenigen, welche die Mundwinkel herahdrücken.

Sobald der Mund dieser Dame, ihrerseits ganz unwillkürlich und unbewußt, begann, die für einen Anfall von Weinen gehörige Form anzunehmen, konnten wir beinahe sicher sein, daß etwas Nervenkraft durch die lange gewohnten Canäle zu den verschiedenen Respirationsmuskeln, ebenso wie zu den Muskeln rings um das Auge und zu dem vasomotorischen Centrum, welches den Blutzufluß zu den Thränendrüsen beherrscht, überliefert werden würde. Für die letztere Thatsache haben wir in der That einen deutlichen Beweis in der Erscheinung, daß ihre Augen leicht mit Thränen gefüllt wurden; wir können dies auch verstehen, da die Thränendrüsen weniger unter der Controle des Willens stehen als die Gesichtsmuskeln. Ohne Zweifel bestand zu derselben Zeit eine gewisse Neigung in den Muskeln rings um das Auge sich zusammenzuziehen, gewissermaßen, um sie vor dem Überfülltwerden mit Blut zu schützen; diese Zusammenziehung wurde aber vollständig überwältigt und ihre Augenbrauen blieben ungefurcht. Wären die Pyramidenmuskeln, die Augenbrauenrunzler und die Kreismuskeln der Augen so wenig dem Willen gehorsam gewesen, wie sie es bei vielen Personen sind, so wären sie in geringem Grade beeinflußt worden; dann würden sich auch die mittlern Bündel des Stirnmuskels in Antagonismus zusammengezogen haben und ihre Augenbrauen würden schräg gestellt worden sein mit rechtwinkligen Furchen auf der Stirn. Ihr Gesicht würde dann noch deutlicher, als es that, den Zustand der Niedergeschlagenheit oder vielmehr des Kummers ausgedrückt haben.

Durch Vergegenwärtigung solcher Schritte wie der vorstehend geschilderten können wir einsehen, woher es kommt, daß, sobald irgend ein melancholischer Gedanke durch das Gehirn zieht, eine eben wahrnehmbare Herabziehung der Mundwinkel oder ein leichtes Erheben der innern Enden der Augenbrauen eintritt, oder daß selbst beide Bewegungen combinirt werden, und unmittelbar darauf ein leichtes Erfüllen der Augen mit Thränen erfolgt. Ein Zug von Nervenkraft wird mehreren gewohnten Canälen entlang fortgeleitet und ruft auf jedem Punkte, wo der Wille nicht durch lange Gewohnheit bedeutende Gewalt des Eingreifens erlangt hat, eine Wirkung hervor. Die oben erwähnten Thätigkeiten können als rudimentäre Spuren der


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/188&oldid=- (Version vom 31.7.2018)