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laut aufzuschreien; diesem Befehle aber sind wir durch die wunderbare Gewalt des Willens und durch die Gewohnheit theilweise entgegenzuwirken im Stande, obschon dies unbewußt geschieht, so weit es die Mittel des Gegenwirkens betrifft.


Über das Herabdrücken der Mundwinkel. — Diese Handlung wird durch die Depressores anguli oris ausgeführt (s. K. in Fig. 1 und 2, S. 22). Die Fasern gehen nach abwärts auseinander, während das obere convergirende Ende rund um die Mundwinkel und an der Oberlippe ein wenig innerhalb der Lippenwinkel[1] befestigt ist. Einige der Fasern scheinen Antagonisten des großen Jochbeinmuskels zu sein, andere die Antagonisten der verschiedenen, zum äußern Theil der Oberlippe gehenden Muskeln. Die Zusammenziehung dieser Muskeln zieht die Mundwinkel, mit Einschluß des äußern Theils der Oberlippe und selbst, in einem geringen Grade, der Nasenflügel nach unten und außen. Ist der Mund geschlossen und wirkt nun dieser Muskel, so bildet die Commissur oder die Verbindungslinie der beiden Lippen eine gekrümmte Linie mit der Concavität nach unten[2] und die Lippen selbst, besonders die Unterlippe, werden meist ein wenig vorgestreckt. Der Mund in diesem Zustande ist recht gut in den beiden Photographien von Mr. Rejlander dargestellt (Taf. II, Fig. 6 und 7). Der obere Knabe (Fig. 6) hatte gerade zu weinen aufgehört, nachdem er von einem andern Knaben einen Schlag in's Gesicht bekommen hatte, und es war gerade der richtige Moment ergriffen worden, ihn zu photographiren.

Der Ausdruck für Gedrücktsein, Kummer oder Niedergeschlagenheit, wie er sich als Folge der Zusammenziehung dieses Muskels darstellt, ist von einem Jeden bemerkt worden, der über den Gegenstand geschrieben hat. Wenn man sagt, daß eine Person „den Mund hängen läßt“, so ist dieser Ausdruck mit dem synonym, daß er gedrückter Stimmung ist. Das Herabziehen der Mundwinkel kann, wie bereits nach der Autorität des Dr. Crichton Browne und des Mr. Nicol gesagt worden ist, oft bei den melancholischen Irren gesehen werden und war sehr gut in einigen, mir von dem erstern der genannten


  1. Henle, Handbuch der Anatomie des Menschen. Bd. 1. 1858. S. 148. Fig. 68 und 69.
  2. s. die Schilderung der Wirkung dieses Muskels bei Duchenne, Mécanisme de la Physionomie Humaine. Album (1862) VIII., p. 34.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/185&oldid=- (Version vom 31.7.2018)