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verengern und welche für den weinenden Ausdruck ganz besonders characteristisch sein sollen. Die Depressores anguli oris werden, wie wir eben gesehen haben, gewöhnlich in derselben Zeit zusammengezogen und streben dann indirect, den Angaben des Dr. Duchenne zufolge, in derselben Weise auf die Nase zu wirken. Bei Kindern, welche heftigen Schnupfen haben, läßt sich ein ähnliches zusammengekniffenes Aussehen der Nase beobachten, welches, wie Dr. Langstaff gegen mich bemerkt, Folge ihres beständigen Schnüffelns und des davon abhängigen Druckes der Atmosphäre auf beiden Seiten ist. Der Zweck dieser Zusammenziehung der Nasenlöcher bei Kindern, welche Schnupfen haben oder während sie schreien, scheint der zu sein, das Herabfließen des Schleimes und der Thränen zu hemmen und das Ausströmen dieser Flüssigkeiten über die Oberlippe zu verhindern.

Nach einem lang andauernden und heftigen Schreianfalle sind die Kopfhaut, das Gesicht und die Augen geröthet in Folge davon, daß das Blut nun, wegen der heftigen expiratorischen Anstrengungen, von dem Kopfe zurückzufließen verhindert wurde. Aber die Röthe der gereizten Augen ist hauptsächlich Folge des reichlichen Ergusses von Thränen. Die verschiedenen Muskeln des Gesichts, welche stark zusammengezogen worden waren, zucken noch immer ein wenig, die Oberlippe ist noch etwas in die Höhe gezogen oder umgebogen[1] und die Mundwinkel etwas nach abwärts gezogen. Ich habe es selbst gefühlt und es bei anderen erwachsenen Personen beobachtet, daß, wenn Thränen mit Schwierigkeit zurückgedrängt werden, wie beim Lesen einer tragischen Geschichte, es beinahe unmöglich ist, zu verhindern, daß die verschiedenen Muskeln, welche bei kleinen Kindern während ihrer Schreianfälle in heftige Thätigkeit versetzt werden, leicht zucken oder zittern.

Kleine Kinder vergießen, so lange sie noch sehr jung sind, keine Thränen oder weinen nicht, wie es Wärterinnen und Ärzten wohlbekannt ist. Dieser Umstand ist nicht ausschließlich Folge davon, daß die Thränendrüsen noch nicht fähig wären, Thränen abzusondern. Ich beobachtete diese Thatsache zuerst, als ich zufällig mit dem Aufschlage meines Rockes das offene Auge eines meiner Kinder gerieben hatte, als es 77 Tage alt war. Dies verursachte ein reichliches Erfüllen des Auges mit Wasser, und obschon das Kind heftig schrie,


  1. Dr. Duchenne macht diese Bemerkung, ebenda p. 39.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)