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einen zur anderen Seite gekrümmt wird, läßt sich keine Ursache mit Gewißheit nachweisen. Diese Gewohnheit ist vielen anderen Thieren gemeinsam, z. B. dem Puma, wenn er sich zum Springen bereit hält;[1] sie kommt aber bei Hunden oder Füchsen nicht vor, wie ich aus Mr. St. John's Beschreibung eines Fuchses schließe, der im Hinterhalte liegt und einen Hasen fängt. Wir haben bereits gesehen, daß manche Arten von Eidechsen und verschiedene Schlangen, wenn sie erregt werden, schnell die Spitzen ihres Schwanzes erzittern machen. Es möchte fast scheinen, als wenn im Zustande starker Erregung eine nicht zu controlirende Begierde nach einer Bewegung irgend welcher Art existire, welche eine Folge davon ist, daß Nervenkraft von dem erregten Sensorium reichlich frei gemacht wird, und daß, da der Schwanz frei herabhängt und seine Bewegungen die allgemeine Stellung des Körpers nicht stören, dieser gekrümmt und umhergeschlagen wird. Alle Bewegungen einer Katze im zuneigungsvollen Gemüthszustande finden sich in vollkommenem Gegensatze zu den eben beschriebenen. Jetzt steht sie aufrecht mit leicht gekrümmtem Rücken, den Schwanz senkrecht in die Höhe gehalten und die Ohren aufgerichtet und sie reibt ihre Backen und Seiten an ihrem Herrn oder ihrer Herrin. Die Lust, sich an irgend Etwas zu reiben, ist bei Katzen in diesem Seelenzustande so stark, daß man oft sehen kann, wie sie sich gegen Stühle oder Tischbeine oder Thürpfosten reiben. Diese Art und Weise, ihre Zuneigung auszudrücken, entstand wahrscheinlich ursprünglich durch Association wie bei dem Hunde daher, daß die Mutter ihre Jungen pflegt und hätschelt, und vielleicht auch daher, daß sich die Jungen untereinander lieben und miteinander spielen. Eine andere und sehr verschiedene Geberde, welche für das Gefühl des Vergnügens ausdrucksvoll ist, ist bereits beschrieben worden, nämlich die merkwürdige Art und Weise, in welcher junge und selbst alte Katzen, wenn sie sich vergnüglich fühlen, abwechselnd ihre Vorderfüße mit auseinander gehaltenen Zehen vorstrecken, als wenn sie gegen die Zitzen ihrer Mutter stoßen und an denselben saugen wollten. Diese Gewohnheit ist insofern jener des Reibens an irgend Etwas analog, als beide allem Anscheine nach von Handlungen sich herleiten lassen, welche während der Saugperiode ausgeführt werden. Warum Katzen ihre Zuneigung viel mehr durch Reiben ausdrücken als es Hunde thun,


  1. Azara, Quadrupèdes du Paraguay, 1801, Tom. I. p. 136.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/121&oldid=- (Version vom 31.7.2018)