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können. In diesem Falle wird sie beständig beibehalten worden sein und in jeder Wachsthumsperiode wird sich, wenn die Schlange größer wurde, eine neue Schuppe, größer als die letzte, über dieser gebildet haben, welche dann ebenfalls erhalten worden sein wird. Es wird damit der Grund zur Entwickelung einer Klapper gelegt worden sein; wenn die Schlange, wie so viele andere Arten, ihren Schwanz in schwingende Bewegungen versetzte, so oft sie gereizt wurde, so wird die Klapper gewohnheitsgemäß benutzt worden sein. Daß die Klapper seit jener Zeit speciell dazu entwickelt worden ist, als ein wirksames schallerzeugendes Instrument zu dienen, darüber kann kaum ein Zweifel bestehen; denn selbst die in der Schwanzspitze eingeschlossenen Wirbel sind in ihrer Form geändert worden und hängen zusammen. Darin aber, daß verschiedene Gebilde, wie die Klapper der Klapperschlange, die Seitenschuppen der Echis, der Hals mit den darin befindlichen Rippen bei der Cobra und der ganze Körper der Puff-Otter zum Zwecke, die Feinde dieser Thiere zu warnen und fortzuschrecken, modificirt worden sind, liegt keine größere Unwahrscheinlichkeit als darin, daß der ganze Körperbau eines Vogels, nämlich des wunderbaren Secretairs (Gypogeranus), zu dem Zwecke modificirt worden ist, Schlangen ungestraft tödten zu können. Nach dem, was wir vorhin gesehen haben, zu urtheilen, ist es in hohem Grade wahrscheinlich, daß dieser Vogel seine Federn aufrichten wird, sobald er eine Schlange angreift; und sicher ist es, daß der Herpestes, wenn er eifrig auf eine Schlange losstürzt, das Haar auf dem ganzen Körper und besonders am Schwanze aufrichtet.[1] Wir haben auch gesehen, daß manche Stachelschweine, wenn sie beim Anblicke einer Schlange zornig oder beunruhigt werden, ihren Schwanz in schnelle vibrirende Bewegung setzen und dabei durch das Zusammenschlagen der hohlen Stachelkiele einen eigenthümlichen Laut hervorbringen. Es versuchen also hier beide, sowohl der Angreifer als der Angegriffene, sich gegenseitig so schrecklich als möglich zu machen, und beide besitzen speciell zu diesem Zwecke entwickelte Mittel, welche merkwürdig genug in einigen dieser Fälle nahezu dieselben sind. Endlich können wir einsehen, daß wenn einerseits diejenigen individuellen Schlangen, welche am besten im Stande waren, ihre Feinde fortzutreiben, am sichersten dem Verschlungen werden entgiengen, und


  1. Mr. des Voeux, in Proceed. Zoolog. Soc. 1871, p. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/106&oldid=- (Version vom 31.7.2018)