nachgeahmten Species. Die Weibchen haben diesen weissen Fleck nicht, und die Männchen verbergen ihn gewöhnlich, dadurch dass sie ihn mit dem Oberflügel bedecken. Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass er von irgend einem andern Nutzen für sie ist als von dem, als Reizmittel bei der Werbung zu dienen, wenn sie ihn den Weibchen darbieten und hierdurch deren tiefeingewurzelte Vorliebe für die normale Farbe der Ordnung befriedigen, zu welcher die Leptaliden gehören“.
Helle Färbung der Raupen. – Während ich über die Schönheit so vieler Schmetterlinge Betrachtungen anstellte, kam mir der Gedanke, dass ja auch mehrere Raupen glänzend gefärbt sind, und da geschlechtliche Zuchtwahl hier unmöglich eingewirkt haben kann, so erschien es mir voreilig, die Schönheit des geschlechtsreifen Insects der Wirksamkeit dieses Processes zuzuschreiben, wenn nicht die glänzenden Farben seiner Larven in irgend welcher Weise erklärt werden könnten. An erster Stelle mag bemerkt werden, dass die Farben der Raupen in keiner nahen Correlation zu denen des geschlechtsreifen Insects stehen. Zweitens dienen ihre glänzenden Farben in keiner gewöhnlichen Art und Weise zum Schutz. Als ein Beispiel hierfür theilt mir Mr. Bates mit, dass die am auffallendsten gefärbte Larve, welche er je gesehen hat (die einer Sphinx), auf den grünen Blättern eines Baumes in den offenen Llanos von Südamerica lebte. Sie war ungefähr 4 Zoll lang, quer schwarz und gelb gebändert und hatte Kopf, Reine und Schwanz hellroth. Sie fiel daher jedem Menschen, welcher vorbeigieng, in einer Entfernung von vielen Yards und ohne Zweifel auch jedem vorüberfliegenden Vogel auf.
Ich wandte mich nun an Mr. Wallace, welcher ein angeborenes Genie hat Schwierigkeiten zu lösen. Nach einigem Ueberlegen erwiederte er: „Die meisten Raupen erfordern Schutz, was sich daraus ableiten lässt, dass mehrere Arten mit Stacheln oder irritirenden Haaren versehen, und dass viele grün, wie die Blätter auf denen sie leben, oder den Zweigen derjenigen Bäume, auf welchen sie leben, merkwürdig gleich gefärbt sind“. Ich will noch als ein anderes Beispiel von Schutz hinzufügen, dass es, wie mir Mr. J. Mansel Weale mittheilt, eine Raupe eines Nachtschmetterlings gibt, welche auf den Mimosen in Südafrica lebt und sich eine Hülle fabricirt, welche von den umgebenden Dornen vollständig ununterscheidbar ist. Nach derartigen
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/439&oldid=- (Version vom 31.7.2018)